Leitsatz (amtlich)

Dem Betreuer steht eine erhöhte Vergütung zu, wenn er über besondere für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt und diese durch eine abgeschlossene Ausbildung erworben hat (hier: Dipl.-Ing. [FH]).

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Beschluss vom 20.02.2004; Aktenzeichen 2 T 351/03)

 

Tenor

Die weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG Dessau v. 20.2.2004 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für die Beteiligte zu 2). Diese ist durch Beschluss des AG als Betreuerin für die Betroffene eingesetzt worden. Das AG hat die Vergütung für die Betreuerin für den Zeitraum v. 14.2.2003 bis 30.6.2003 festgesetzt und dabei einen Stundensatz von 27,90 Euro (31 Euro - 10 % Abschlag). Gegen die Höhe dieser Vergütung hat sich die Bezirksrevisorin gewendet mit dem Argument, der Betreuerin stünde lediglich ein Stundensatz von 20,70 Euro (23-10 % Ostabschlag) zu, weil sie nicht die Voraussetzungen gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG erfülle. Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen und die weitere sofortige Beschwerde in seiner Entscheidung ausdrücklich zugelassen.

Das Rechtsmittel der Bezirksrevisorin ist auf Grund der Zulassung durch das LG gem. § 27, 29, 56g Abs. 5 S. 2 FGG statthaft. Es handelt sich gem. § 56 Abs. 5 S. 1, 29 Abs. 2 FGG um eine sofortige weitere Beschwerde.

Die sofortige weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Das LG hat zutreffend festgestellt, dass die Betreuertätigkeit der Beteiligten zu 2) mit einem Stundensatz i.H.v. 27,90 Euro zu vergüten ist. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG steht dem Betreuer eine erhöhte Vergütung dann zu, wenn er über besondere für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt und diese durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das formale Ausbildungskriterium, nämlich eine einem Hochschulstudium vergleichbare abgeschlossene Ausbildung, ist durch den Ausbildungsweg der Betreuerin erfüllt. Die Bezirksrevisorin übersieht bei ihrer Stellungnahme, mit der sie feststellen will, dass der Bescheid des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt v. 13.9.1994 falsch sei, nach dem die Betreuerin die Berufsbezeichnung Dipl.-Ing. (FH) führen darf, dass die Betreuerin hier zum einen einen Fachschulabschluss im Jahre 1985 erworben hat, nachdem sie die Berufsbezeichnung Agrar-Ing. führen darf und darauf aufbauend bis 1989 in einem postgradualem Studium mit Fachabschluss eine Ausbildung zum Ingenieurpädagogen durchlaufen hat. Insofern ist nicht, wie die Bezirksrevisorin meint, lediglich von einem Fachschulabschluss als Agrar-Ing. auszugehen, sondern von einer aufbauend auf diesem Erstausbildungsweg erfolgten Weiterbildung mit einem entsprechenden Abschluss im Jahre 1989. Gründe, warum der Bescheid des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt v. 13.9.1994 insoweit falsch sein sollte, sind nicht ersichtlich. Das heißt, im Ergebnis ist davon auszugehen, dass die Betreuerin hier einen Ausbildungsweg durchlaufen hat, der sie im Ergebnis berechtigt, die Berufsbezeichnung Dipl.-Ing. (FH) zu führen. Dies wiederum bedeutet, dass ihre Ausbildung einem Fachhochschulabschluss gleichgestellt ist. Dass wiederum ein Fachhochschulabschluss einem Hochschulabschluss als gleichwertig anzusehen ist, ist unstreitig und allgemein anerkannt.

Darüber hinaus hat die Betreuerin hier auch entsprechend den Anforderungen gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse durch die Ausbildung erlangt. Die entsprechend erworbenen Kenntnisse sind für die Führung von Betreuungen dann allgemein nutzbar, wenn sie bezogen auf ein bestimmtes Fachgebiet über ein Grundwissen deutlich hinausgehen, wobei das Grundwissen nach Bildungsstand bzw. Ausbildung mehr oder weniger umfangreich sein kann (BayObLG v. 6.9.2000 - 3Z BR 214/00, BayObLGReport 2001, 5 = FamRZ 2001, 187, m.w.N.). Das Kriterium nutzbar für eine Betreuung ist dann erfüllt, wenn die Fachkenntnisse ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohle des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen.

Hier hat die Betreuerin nach den von ihr vorgelegten Qualifikationen und Zeugnissen u.a. Fachkenntnisse im Bereich sozialistischer Betriebswirtschaft und im so-zialistischen Recht erworben. Es ist zwar davon auszugehen, dass die im Bereich sozialistischer Betriebswirtschaft und sozialistischem Recht erworbenen Kenntnisse nach dem Beitritt im Bundesgebiet nicht unmittelbar ohne weiteres anwendbar sind, gleichwohl haben sie die Betreuerin befähigt, z.B. im Rahmen der Regelung vermögensrechtlicher Angelegenheiten Kosten-Nutzen-Rechnungen bzw. auch Bilanzen und Haushaltspläne zu erstellen...

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