Verfahrensgang
AG Halle (Westfalen) (Entscheidung vom 06.07.2023) |
Tenor
Auf die Sprungrevision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Halle - Strafrichter - vom 6. Juli 2023 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts Halle zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Halle hat den Angeklagten mit Urteil vom 6. Juli 2023 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verurteilt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der am 13. Juli 2023 bei dem Amtsgericht eingegangenen Revision, die nach Zustellung des Urteils am 26. Juli 2023 mit Anwaltsschriftsatz vom 9. August 2023, eingegangen bei dem Amtsgericht am selben Tag, begründet worden ist. Der Angeklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Sprungrevision des Angeklagten ist gemäß §§ 335, 341, 344, 345 ZPO zulässig und hat Erfolg.
Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen eine Verurteilung des Angeklagten wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß §§ 1, 3, 29 Abs. 1 Nr. 3, 33 BtMG nicht.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts führte der Angeklagte am 30. September 2021 eine Klemmtüte mit 1,6 g netto Heroin mit sich, als er gegen 14.15 Uhr im Hauptbahnhof Halle von den Zeugen PHM W. und PM‚in H. einer Personenkontrolle unterzogen wurde.
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht zu dem Tatvorwurf eingelassen.
Das Amtsgericht hat seine Feststellung, der Angeklagte habe zur Tatzeit Heroin besessen, auf die glaubhaften Aussagen des Zeugen W., die Inaugenscheinnahme des Bildberichts, Bl. 9/10 d.A., sowie auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Vermerk zum Schnelltest von BtM-verdächtigen Substanzen vom 13. Oktober 2021, Bl. 13/14 d. A., gestützt.
Diese Feststellungen sind indes nicht ausreichend, um mit einer für eine Verurteilung erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Angeklagte zur Tatzeit tatsächlich Heroin besessen hat.
Die allein aufgrund des positiven Ergebnisses eines Schnelltests gestützte Annahme, bei dem sichergestellten Stoff handele es sich um Betäubungsmittel, ist rechtsfehlerhaft, wenn nicht in den Urteilsgründen dargelegt wird, dass es sich bei beim angewendeten Schnelltest um ein wissenschaftlich abgesichertes und zuverlässiges Standardtestverfahren handelt (OLG Hamm, Beschluss vom 4. März 1999, 5 Ss 136/99; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 2013, 32 Ss 94/14; OLG Celle, Beschluss vom 25. Juni 2014, 32 Ss 94/14; zitiert nach juris). Im angefochtenen Urteil fehlen aber bereits Angaben zu der Qualität des ausweislich des Vermerks vom 13. Oktober 2021 zur Feststellung des Heroins verwendeten Schnelltests M.M.C. Heroin. Auch fehlen Feststellungen zu der Methode, die zur Feststellung des Heroins angewendet worden ist. Ob es sich bei dem verwendeten Test um ein wissenschaftlich abgesichertes und auch in der Praxis als zuverlässig anerkannten Standartverfahren zum sicheren Nachweis von Heroin handelt, hat das Amtsgericht im angefochtenen Urteil nicht dargelegt. Anhand der Urteilsgründe ist dem Senat demnach die gebotene Prüfung nicht möglich.
Insofern kann - unabhängig davon, dass es auch an Angaben zum Wirkstoffgehalt mangelt -, nicht zuverlässig festgestellt werden, ob das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass es sich bei der bei dem Angeklagten sichergestellten Substanz um Heroin gehandelt hat.
Aufgrund dieser unzureichenden Feststellungen und unzureichenden Beweiswürdigung war das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen (§§ 353, 354 Abs. 2 StPO).
Fundstellen
Haufe-Index 16344674 |
StRR 2024, 4 |
StV 2024, 455 |