Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts im vereinfachten Verfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Notwendigkeit, Einwendungen des Gegners sachgerecht zu begegnen und überhaupt die durchgängig für einen normalen Sterblichen juristisch zu verschachtelte und überfrachtete Konzeption des so genannten vereinfachten Verfahrens, zumal im Zusammenspiel mit § 2 UnterhaltsanspassungsG, adäquat zu erfassen, lässt im Allgemeinen und erst recht im besonderen Falle die Beiordnung eines Rechtsanwaltes zur Vertretung im vereinfachten Verfahren nicht nur ratsam, sondern nachgerade unerlässlich und damit i.S.d. § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich erscheinen.
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 2, § 127 Abs. 2 S. 2; BGB §§ 655, 655 Abs. 3, 5 S. 2, Abs. 6, § 648 Abs. 2; UnterhaltstitelG § 2
Verfahrensgang
AG Wittenberg (Aktenzeichen 4 FH 86/01) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG – FamG – Wittenberg vom 1.6.2001, Az.: 4 FH 86/01, teilweise unter Ziffer 3 des Beschlusstenors wie folgt abgeändert:
Dem Antragsteller wird im Rahmen der ihm für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens bewilligten Prozesskostenhilfe Rechtsanwältin B. Sch., D. Straße 28, W. zu seiner Vertretung beigeordnet.
II. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG – FamG – Wittenberg vom 1.6.2001, Az.: 4 FH 86/01, bezüglich der Kostenentscheidung gem. Ziffer 2 der Entscheidungsformel abgeändert und dem Antragsgegner die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auferlegt.
III. Die Kosten des Verfahrens über die sofortige Beschwerde fallen dem Antragsgegner zur Last.
IV. Der Streitwert für das vereinfachte Verfahren zur Abänderung eines Unterhaltstitels in erster Instanz wird auf 1.620 DM festgesetzt.
Der Streitwert für das sofortige Beschwerdeverfahren übersteigt nicht 600 DM.
Gründe
I. Mit Beschluss des AG – FamG – Wittenberg vom 1.6.2001 (Bl. 20 bis 22 d.A.) wurde auf Antrag des von seiner Mutter gesetzlich vertretenen Antragstellers der gegen den Antragsgegner bestehende Unterhaltstitel des Jugendamtes Wittenberg – Außenstelle Jessen – vom 25.2.1999, Urkunden-Reg.-Nr.: J 18/1999 (Bl. 3 d.A.), demzufolge der Antragsgegner an den Antragsteller unter anderem ab dem 1.7.1999 100 % des jeweiligen Regelbetrages i.V.m. der jeweiligen Regelbetrag-Verordnung abzüglich des hälftigen Kindergeldanteils von monatlich 125 DM zu zahlen hatte, nach § 2 des – als Artikel 4 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.2000 (BGBl. I 2000, 1479, 1480) verabschiedeten – Unterhaltstitelanpassungsgesetzes i.V.m. § 655 ZPO im vereinfachten Verfahren dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner verpflichtet wurde, an den Antragsteller ab dem 1.3.2001 einen Unterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung zu zahlen, wobei eine Anrechnung des hälftigen Kindergeldes nur noch dann erfolgen soll, wenn dieses zusammen mit dem Unterhalt 135 % des Regelbetrages übersteigt.
Zugleich wurde dem Antragsteller unter Ziffer 3 des Beschlusstenors Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für das vereinfachte Verfahren auf Abänderung des Unterhaltstitels bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwaltes wurde abgelehnt, weil eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich erscheine und auch die Gegenpartei nicht anwaltlich vertreten sei.
Unter Ziffer 2 der Beschlussformel wurden der Antragstellerin (richtig: dem Antragsteller) gem. § 93d ZPO die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Gegen diesen ihm am 12.7.2001 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 18.7.2001 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 26/27 d.A.), mit dem Antrag, die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Darüber hinaus hat der Antragsteller gegen die ihm im Beschluss vom 1.6.2001 versagte Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten Beschwerde eingelegt (Bl. 28/29 d.A.).
Der Antragsteller behauptet, seine Mutter habe den Antragsgegner aufgefordert, den erhöhten Unterhaltsbetrag ohne Anrechnung des Kindergeldes ab dem 1.1.2001 zu zahlen, was der Antragsgegner mündlich unter Hinweis auf sein nicht ausreichendes Einkommen abgelehnt habe. Erst aufgrund dessen habe sich die Kindesmutter an das AG gewandt und den Antrag auf Abänderung des Unterhaltstitels im vereinfachten Verfahrens gestellt.
Im Übrigen sei auch die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten erforderlich, denn dies gebiete schon die Kompliziertheit des vereinfachten Verfahrens. So sei es ihm, dem Antragsteller, nicht möglich gewesen, ohne juristischen Rat auf die von dem Antragsgegner erhobenen Einwendungen zu reagieren und die entsprechenden Anträge zu stellen. Ohne anwaltlichen Rat hätte seine gesetzliche Vertreterin aus Unsicherheit den gestellten Antrag zurückgenommen.
Der Antragsgegner verteidigt die angefochtene Kostenentscheidung und wendet sich gegen eine Belastung mit den Kosten des Verfahrens.
Er bestreitet, dass die Kindesmutter im Vorfeld des Verfahrens wegen einer Unterhalts...