Leitsatz (amtlich)

Freiwillige Unterhaltszahlungen sind von dem Streitwert nicht in Abzug zu bringen. Für den Fall, dass der Unterhaltsschuldner bei Einreichung der Klage auf den Rückstand bereits Zahlungen geleistet hat, hat dies für die Frage der Streitwertbemessung keine Auswirkung, denn der Streitwert bestimmt sich ausschließlich nach den gestellten Anträgen; Auswirkungen auf die Kostenpflicht sind hingegen denkbar.

Aus dem Urteilstenor muss ersichtlich sein, in welcher Höhe auf den titulierten Betrag bereits Zahlungen erfolgt sind (vgl. BGH FamRZ 1998, 1165).

 

Verfahrensgang

AG Haldensleben (Aktenzeichen 8 F 385/01)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Haldensleben vom 28.5.2002 wird abgeändert und der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 7.870,32 Euro (15.393 DM) festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Klägerin hat für zwei von ihr betreute Kinder Kindesunterhalt vom von ihr getrennt lebenden Kindesvater begehrt und zwar Rückstände von je 1.972,50 DM und für den Zeitraum ab Dezember 2001 116 % des Regelbetrages gem. § 2 RegelbetrVO für jedes Kind der 2. Altersstufe. Das AG hat in dem angefochtenen Streitwertbeschluss festgestellt, dass nach diesem Antrag für beide Kinder insgesamt 14.853,61 DM eingeklagt worden sind. Dann hat das AG bei der Streitwertbemessung allerdings vom Beklagten freiwillig gezahlte Beträge von diesem Betrag abgezogen.

Hiergegen haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin im eigenen Namen Rechtsmittel eingelegt.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Bei der Streitwertbemessung von wiederkehrenden Leistungen ist die einschlägige Norm § 17 Abs. 1, Abs. 4 GKG. gem. § 17 Abs. 1 S. 2 GKG ist bei Unterhaltsansprüchen aus den §§ 1612a bis 1612c BGB, um solche handelt es sich hier, der Wert der nach dem Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Regelbetrag in der Altersstufe zu Grunde zu legen, die im Zeitpunkt der Einreichung der Klage maßgebend sind. Demzufolge ist hier für die Frage des laufenden Unterhaltes nach Klageeinreichung am 20.11. 2001 der November 2001 der maßgebliche Monat. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Unterhaltszahlungen für November 2001 bereits zu den Rückständen gerechnet werden oder noch als laufender Unterhalt bewertet werden müssen. Im November befanden sich beide Kinder in der 1. Altersstufe, sodass hier 116 % gem. § 2 des Regelbetrages der RegelbetragsVO als Berechnungsgrundlage anzunehmen sind. Ausgehend von einem Regelbetrag gem. § 2 der RegelbetragsVO i.H.v. 116 % ist bei jedem der Kinder eine monatliche Forderung i.H.v. gem. § 1612a Abs. 2 BGB gerundet 477 DM multipliziert mit 12, d.h., 5.724 DM zu Grunde zu legen. Der geltend gemachte Rückstand betrug pro Kind 1.972,50 DM, der gem. § 17 Abs. 4 GKG dem Streitwert noch hinzuzurechnen ist. Das heißt, der Streitwert beläuft sich insgesamt auf 15.393 DM, was 7.870,32 Euro entspricht. Entgegen der Streitwertberechung des AG kann aus § 17 Abs. 1 S. 2 GKG nicht entnommen werden, dass bei der Streitwertbestimmung nicht nur der geltend gemachte Unterhaltsbetrag nach der RegelbetragsVO zu Grunde gelegt wird, sondern das gem. § 1612b BGB anzurechnende Kindergeld zuvor von diesem Betrag abgezogen wird.

Entgegen der Auffassung des AG müssen freiwillig geleistete Unterhaltszahlungen des Unterhaltsschuldners von diesen Beträgen nicht abgerechnet werden (vergl. OLG Karlsruhe v. 24.4.1990 – 16 WF 41/90, FamRZ 1991, 468). Für den Fall, dass der Unterhaltsschuldner bei Einreichung der Klage bereits Zahlungen auf den Rückstand geleistet hat, hat dies für die Frage der Streitwertbemessung keine Auswirkungen. Diese bestimmt sich ausschließlich nach dem durch die Anträge bestimmten geltend gemachten Anspruch, mithin nach dem Streitgegenstand. Hier war der Unterhaltsanspruch der Kinder in der geltend gemachten Höhe streitig, selbst ein Anerkenntnis des Unterhaltsschuldners im Laufe des Verfahrens i.H.d. gezahlten Beträge hätte insoweit keinen Einfluss auf die Höhe des Streitwertes. Hat der Unterhaltsschuldner auf die geltend gemachten Beträge bereits Zahlungen geleistet, ist zwar insoweit bereits Erfüllung eingetreten mit der Folge, dass diese Beträge nicht vollstreckt werden können, aber gleichwohl hat der Unterhaltsgläubiger ein Rechtsschutzinteresse an voller Titulierung seines Unterhaltsanspruchs. Deshalb muss aus dem Urteilstenor ersichtlich sein, in welcher Höhe auf den titulierten Betrag bereits Zahlungen erfolgt sind (vgl. hierzu BGH FamRZ, 1998, 1165 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 24 Abs. 4 GKG.

Dr. Friederici Bisping Wiedenlübbert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108897

www.judicialis.de 2002

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