Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretung eines Kindes nach Begründung einer Beistandschaft
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Beistandschaft begründet, wird das Kind durch das Jugendamt als Beistand vertreten; die Vertretung durch den betreuenden Elternteil ist insoweit ausgeschlossen.
Die Beistandschaft umfasst auch die Verteidigung gegen des Abänderungsverlangen des Unterhaltsschuldners.
Normenkette
BGB § 1629 Abs. 2, §§ 1712-1713; ZPO § 53a
Verfahrensgang
AG Burg (Beschluss vom 02.06.2005; Aktenzeichen 5 F 190/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des AG Burg - FamG - vom 2.6.2005 abgeändert:
Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug ratenfreie Prozesskostenhilfe für den Antrag, die Urkunde des Landkreises L. - Jugendamt - abzuändern und den Kläger zu verurteilen, einen monatlichen, im Voraus zum 1. eines jeden Monats fälligen Kindesunterhalt für das Kind N.St., geb. am 6.2.1988, zu Händen der gesetzlichen Vertreterin I. St. unter Anrechnung zwischenzeitlich gezahlter oder gepfändeter Beträge, wie folgt zu zahlen:
- für November und Dezember 2004 i.H.v. 80 EUR,
- ab Januar 2005 65 % des jeweiligen Regelbetrages der dritten Altersstufe des § 2 RegelBetrV,
- im Juli 2005 51 % des jeweiligen Regelbetrages der dritten Altersstufe des § 2 RegelBetrV und
- ab August 2005 49 % des jeweiligen Regelbetrages der dritten Altersstufe des § 2 RegelBetrV,
bewilligt.
Zur Wahrnehmung seiner Rechte im Abänderungsverfahren wird dem Kläger Rechtsanwältin K. aus G. beigeordnet.
Im Übrigen werden das Prozesskostenhilfegesuch und die weiter gehende sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen.
Gründe
I. Die nach §§ 127 Abs. 2 S. 2 u. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 S. 1 u. 2, Abs. 2 ZPO zulässige und nach § 568 S. 1 ZPO i.V.m. §§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Bst. a), 23b S. 2 Nr. 5 GVG, 621 Abs. 1 Nr. 4 ZPO vom Einzelrichter des OLG zu entscheidende sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten seiner Prozessführung ganz, teilweise oder in Raten aufzubringen. Seine Rechtsverfolgung verspricht über die von der Beklagten zugestandene Unterhaltsabänderung auf 100 % des Regelbetrages hinaus hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (§ 114 S. 1 ZPO).
1. Das AG hat in der angefochtenen Entscheidung das unterhaltsberechtigte Kind durch seine Mutter vertreten gesehen. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Jugendamt hat seine Beistandschaft nach §§ 1712 ff. BGB angezeigt. In diesem Fall vertritt das Jugendamt das Kind bei der Regelung seiner Unterhaltsansprüche (§§ 1712 Abs. 1 Nr. 2, 1716 S. 2, 1915 Abs. 1, 1793 Abs. 1 S. 1 BGB). Hierzu gehört auch die Verteidigung gegen das Abänderungsverlangen des Unterhaltsschuldners (OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 - 9 UF 63/02, JAmt 2004, 144; OLG Celle, Beschl. v. 2.9.2004 - 15 WF 209/04, JAmt 2004, 544 [545]; AnwK-BGB/Bäumel, § 1712 Rz. 24; a.A. jurisPK-BGB/Hoffmann, 2. Aufl., 2004, § 1712 Rz. 5, unter Hinweis auf: OLG Naumburg, Beschl. v. 21.8.2002 - 8 WF 177/02; OLG Naumburg, Beschl. v. 15.8.2002 - 8 WF 175/02, OLGReport Naumburg 2003, 441). Im Rahmen seiner Prozessführung ist der Beistand gesetzlicher Vertreter des Kindes (Erman/Roth, BGB, 11. Aufl., § 1715 Rz. 1). Die Vertretung durch die Mutter ist ausgeschlossen (§ 53a ZPO).
2. Zu Recht begehrt der Kläger die Abänderung der Jugendamtsurkunde nach § 323 Abs. 1 ZPO. Zu den vollstreckbaren Urkunden i.S.v. § 323 Abs. 4 ZPO zählen auch die Urkunden des Jugendamtes nach §§ 60, 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VIII (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 323 Rz. 47, m.w.N.). § 323 Abs. 2 ZPO und die zeitliche Begrenzung des § 323 Abs. 3 S. 1 ZPO finden auf derartige Urkunden keine Anwendung. Darin enthaltene einseitige Schuldanerkenntnisse sind ohne Bindung frei an die zum jeweiligen Zeitpunkt bestehenden Verhältnisse anzupassen (BGH, Urt. v. 29.10.2003 - XII ZR 115/01, BGHReport 2004, 19 [20] = MDR 2004, 942; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 323 Rz. 47, m.w.N.; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 323 Rz. 45 [48, 49]).
3. Der Kläger schuldet für November und Dezember 2004 die von ihm anerkannten 80 EUR. Ab Januar 2005 muss er nur noch 65 %, im Juli 2005 51 % und ab August 2005 49 % des jeweiligen Regelbetrages aufbringen (§§ 1601, 1602, 1603 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, 1609 Abs. 2 S. 1, 1610, 1612 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, 1612a Abs. 1, 1612b Abs. 5 BGB). Eine Gegenüberstellung der Gesamtheit der Unterhaltsansprüche gegen den Kläger und der ihm zu deren Erfüllung zur Verfügung stehenden Mittel ergibt, dass der Kläger nicht in der Lage ist, den Unterhaltsbedarf der Beklagten und seiner Ehefrau in Gänze zu befriedigen (Mangelfall vgl.: BGH, Urt. v. 22.1.2003 - XII ZR 2/00, MDR 2003, 573 = BGHReport 2003, 379 m. Anm. Borth = NJW 2003, 1112 [1116]).
Zutreffend geht der Kläger bis einschließlich Dezember 2004 von einem monatl...