Leitsatz (amtlich)
Ist bei einem unbestimmt eingelegten Rechtsmittel innerhalb der Revisionsbegründungsfrist keine formgerechte Erklärung zur Wahl des Rechtsmittels erfolgt, verbleibt es bei der Berufung. Das Recht des Angeklagten, zwischen den beiden gesetzlich zunächst statthaften Anfechtungsmöglichkeiten zu wählen, geht mit Ablauf der Revisionsbegründungsfrist endgültig unter. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Ziel der Revisionswahl ist ausgeschlossen.
Verfahrensgang
AG Magdeburg (Entscheidung vom 29.08.2008) |
LG Magdeburg |
Tenor
Das Oberlandesgericht Naumburg ist unzuständig.
Die Sache wird an das zuständige Landgericht Magdeburg abgegeben.
Gründe
Die Strafrichterin des Amtsgerichts Magdeburg hat den Angeklagten am 29. August 2008 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet er sich mit seinem Rechtsmittel. Er beanstandet die Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
Das Urteil ist dem Verteidiger des Angeklagten, der am 5. September 2008 ein unbenanntes Rechtsmittel eingelegt hatte, am 25. September 2008 zugestellt worden. Am 3. November 2008 sind beim Landgericht Magdeburg, dem die Staatsanwaltschaft die Akten mittlerweile zugesandt hatte, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Revisionsbegründungsfrist und eine Revisionsbegründung eingegangen, die nicht unterzeichnet sind. Am 5. November 2008 sind beide Schriftstücke noch einmal, diesmal mit der Unterschrift des Verteidigers beim Landgericht Magdeburg eingereicht worden.
Das am 5. September 2008 gegen das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 29. August 2008 eingelegte Rechtsmittel des Angeklagten ist als Berufung durchzuführen. Zuständig hierfür ist das Landgericht Magdeburg (§ 74 Abs. 3 GVG).
Das angegriffene Urteil unterlag grundsätzlich sowohl der Berufung als auch der Sprungrevision (§§ 312, 335 Abs. 1 StPO). Der Angeklagte konnte es deshalb zunächst in unbestimmter Form anfechten. Seinem Wesen nach war dieses unbestimmte form- und fristgerechte Rechtsmittel des Angeklagten (§§ 314 Abs. 1, 335 Abs. 1, 341 Abs. 1 StPO) jedoch von Anfang an eine Berufung (BGHSt 33, 183, 189; BayOb1G wistra 2001, 279 ff). Der Angeklagte war allerdings berechtigt, zur Revision überzugehen. Eine solche Rechtsmittelwahl unterliegt aber der Form der Revision, denn sie ist Teil der Rechtsmitteleinlegung (§ 341 Abs. 1 StPO - BGHSt 40, 395, 398; BayObLGSt 1983, 93/94; BayOb1G wistra 2001, 279 f. m.w.N.) und kann rechtswirksam nur bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist ausgeübt werden (BGHSt 33, 183, 188; 5, 338; 2, 63, 66; BayObLGSt 1970, 158; 1971, 72, 74; 1983, 93, 94; wistra 2001, 279 brit. Pfund).
Ist innerhalb der Revisionsbegründungsfrist keine formgerechte Erklärung erfolgt, verbleibt es bei der Berufung. Das Recht des Angeklagten, zwischen den beiden gesetzlich zunächst statthaften Anfechtungsmöglichkeiten zu wählen, geht mit Ablauf der Revisionsbegründungsfrist endgültig unter. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Ziel der Revisionswahl ist generell ausgeschlossen, denn das Unterbleiben eines fristgerechten Übergangs zur Revision hat lediglich zu Folge, dass damit das zunächst unbenannt eingelegte, deshalb aber ohnehin von vornherein als Berufung anzusehende Rechtsmittel nunmehr endgültig als Berufung feststeht. Der Rechtsmittelführer hat folglich mit dem Unterlassen eines fristgerechten Rechtsmittelübergangs keine eigenständige, einer selbstständigen Frist unterliegende Prozesshandlung versäumt, gegen die allenfalls Wiedereinsetzung gewährt werden könnte. Für eine Wiedereinsetzung besteht auch kein Rechtsschutzbedürfnis, weil dem Angeklagten mit der Berufung (und anschließend eventuell zusätzlich der Revision) das Recht zu einer umfassenden Überprüfung des angefochtenen Urteils verbleibt (BayObLGSt 1970, 158, 159; OLG Köln NStZ 1994, 199, 200; OLG Hamm NStZ 1991, 601; OLG Düsseldorf MDR 1991, 78; 1985, 518; OLG Zweibrücken MDR 1985; 517; BayObLG wistra 2001, 279 f. m.w.N.).
Der Angeklagte hat innerhalb der mit Montag, dem 27. Oktober 2008 abgelaufenen Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1, 43 Abs. 2 StPO) keine der Form des § 341 Abs. 1 StPO entsprechende Erklärung zur Rechtsmittelwahl abgegeben. Die Bezeichnung seines Rechtsmittels als Revision erfolgte in der Form des § 341 Abs. 1 StPO erstmals mit dem am 5. November 2008 beim Landgericht Magdeburg eingegangenen Schreiben. Diese Übergangserklärung ist somit verspätet und folglich rechtsunwirksam. Das Rechtsmittel des Angeklagten ist deshalb als Berufung durchzuführen (BGHSt 33, 183, 188; BayObLGSt 1969, 93/95; wistra 2001, 279 f.). Der auf die Revisionsbegründungsfrist gerichtete Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten ist deshalb gegenstandslos (BayObLGSt 1970, 158/159).
In entsprechender Anwendung des § 348 Abs. 1, Abs. 2 StPO hatte der Senat sich für unzuständig zu erklären, das Landgericht Magdeburg als das für die Durchführung der Berufung des Angeklagten zuständige Ger...