Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwalt der Vergabestelle IV

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Nachprüfungsverfahren auch auf Seiten der Vergabestelle regelmäßig anzuerkennen ist und Ausnahmen hiervon nur dann anzunehmen sind, wenn im Einzelfall auch aus der ex ante-Sicht der Vergabestelle lediglich über erkennbar einfache tatsächliche oder ohne Weiteres zu beantwortende rechtliche Fragen zu entscheiden war.

 

Verfahrensgang

2. Vergabekammer (Beschluss vom 12.05.2004; Aktenzeichen VK 2-LVwA 12/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt vom 12.5.2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 1.500 Euro.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin schrieb den oben genannten Bauauftrag EU-weit im Offenen Verfahren auf der Grundlage der VOB zur Vergabe aus. Bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 15.3.2004 wurden 104 Angebote eingereicht, davon 86 Nebenangebote, die grundsätzlich zugelassen waren. Mit Schreiben vom 24.3.2004 und 26.3.2004 unterrichtete die Vergabestelle die unterlegenen Bieter, darunter auch die Antragstellerin, dass sie beabsichtige, einem Nebenangebot der B. AG den Zuschlag zu erteilen.

Am 29.3.2004 rügte die Antragstellerin erfolglos das von der Vergabestelle durchgeführte Verfahren. Unter anderem warf sie der Antragsgegnerin vor, das Absageschreiben entspreche aus mehreren (formalen und inhaltlichen) Gründen nicht den Anforderungen des § 13 VgV. Darüber hinaus sei auch die formale und rechnerische Prüfung der Angebote falsch. Mit Schriftsatz vom 6.4.2004 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag, in dem sie außerdem darlegte, dass das obsiegende Angebot schon aus formalen Gründen zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin im schriftlichen Verfahren durch Beschluss vom 7.5.2004 auf Kosten der Antragstellerin verworfen und der Antragsgegnerin aufgegeben, das Angebot der Antragstellerin vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen. Sie hat ihre Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Antragstellerin nicht antragsbefugt sei, weil ihr Angebot auf Grund gewichtiger Mängel zwingend auszuschließen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Hauptsacheverfahrens wird auf den in diesem Nachprüfungsverfahren ergangenen Beschluss vom 7.5.2004 verwiesen, der nicht angefochten worden ist.

Mit einem ergänzenden Beschluss vom 12.5.2004 hat die Vergabekammer festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Vergabestelle notwendig war.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 21.5.2004.

Zur Begründung beruft sie sich auf zwei Beschlüsse des Vergabesenates des OLG Dresden (OLG Dresden, Beschl. v. 2.2.2004 - WVerg 17/03; v. 7.2.2003 - WVerg 21/02), sowie auf ältere Entscheidungen des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.7.2000 - Verg 1/00, OLGReport Düsseldorf 2001, 305) und des OLG Koblenz (OLG Koblenz, Beschl. v. 21.9.2000 - 1 Verg 3/00). Auf deren Grundlage vertritt sie die Ansicht, dass eine anwaltliche Vertretung regelmäßig dann nicht notwendig sei, wenn Fragen des materiellen Vergaberechts im Vordergrund stehen. Dies sei hier der Fall gewesen. Außerdem seien im vorliegenden Verfahren weder komplizierte Rechtsprobleme noch schwierige Sachverhaltsfragen zu lösen gewesen. Die Antragsgegnerin hätte deshalb das Nachprüfungsverfahren ohne Unterstützung eines Rechtsanwaltes bestreiten müssen.

Die Antragsgegnerin ist dem entgegen getreten.

Mit Zustimmung aller Beteiligten hat der Senat durch Beschluss vom 14.6.2004 das schriftliche Verfahren angeordnet und als Schlusstermin den 23.6.2004 bestimmt.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft und zulässig.

Eine Entscheidung der Vergabekammer kann auch lediglich im Kostenpunkt gem. § 116 Abs. 1 S. 1 GWB angegriffen werden (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB/A und B, 10. Aufl., § 116 Rz. 5; OLG Düsseldorf BauR 2000, 1626; NZBau 2001, 165 [166]; OLG Naumburg, Beschl. v. 22.9.2003 - 1 Verg 10/03, OLGReport Naumburg 2004, 243; v. 28.9.2001 - 1 Verg 9/01, OLGReport Naumburg 2002, 217 = VergabeR 2002, 200 [201]; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.3.2004 - 1 Verg 3/04). Der Senat entscheidet hierüber mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten im schriftlichen Verfahren (§§ 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB).

Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht erhoben.

III. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, denn die Entscheidung der Vergabekammer, die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären (§ 128 Abs. 4 S. 2 und 3 GWB, § 80 Abs. 2 VwVfG-LSA), erweist sich als richtig.

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