Leitsatz (amtlich)
Die erstinstanzlich nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidungen nach § 81 FamFG sind im Beschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar, nämlich nur dahin, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Dabei entspricht es in Sorge- und Umgangssachen regelmäßig der Billigkeit, die Verfahrenskosten zwischen den beteiligten Kindeseltern aufzuheben. Die jeweiligen Einkommensverhältnisse der beteiligten Kindeseltern sind für die Kostenverteilung nicht ausschlaggebend.
Verfahrensgang
AG Wittenberg (Beschluss vom 30.05.2014; Aktenzeichen 4 F 191/14) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Wittenberg vom 30.5.2014 - 4 F 191/14 SO, abgeändert und die Kosten des Verfahrens erster Instanz gegeneinander aufgehoben.
2. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die geschiedenen Eltern des Kindes M. P.. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren die Übertragung des alleinigen Sorgerechts für das gemeinsame Kind auf sich begehrt.
Das AG Wittenberg hat mit Beschluss vom 30.5.2014 (Bl. 14 ff. d.A.) die elterliche Sorge für den Sohn auf die Kindesmutter übertragen und ihr gleichzeitig die Verfahrenskosten auferlegt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter.
II. Die Beschwerde ist gemäß den §§ 58 ff. FamFG zulässig und auch begründet.
Über die Verteilung der Kosten des ersten Rechtszugs ist vom Familiengericht gem. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei das Gericht einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegen soll, wenn die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 FamFG erfüllt sind.
Die vom Familiengericht zu treffende Ermessensentscheidung ist lediglich einer eingeschränkten Überprüfung des Beschwerdegerichts zugänglich. Die Überprüfung von Ermessensentscheidungen im zweiten Rechtszug beschränkt sich grundsätzlich auf die Frage, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Sinn des Ermessens würde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen.
Die erstinstanzliche Entscheidung wird daher nur auf etwaige Ermessensfehler in Form eines Ermessensnichtgebrauchs, eines Ermessensfehlgebrauchs oder einer Ermessensüberschreitung überprüft. Lediglich im Falle des Vorliegens eines solchen Ermessensfehlers ist das Beschwerdegericht im Rahmen der ihm obliegenden Überprüfung der angefochtenen Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht berechtigt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des nicht oder fehlerhaft ausgeübten Ermessens des erstinstanzlichen Gerichts zu setzen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.2.2013 - 4 WF 279/12, m.w.N., zitiert nach juris).
Im vorliegenden Fall ist von einem Ermessensfehlgebrauch des AG im Hinblick auf die Kostenentscheidung auszugehen.
Denn das AG hat seine Kostenentscheidung damit begründet, dass der Antragsgegner ohne Erwerbseinkommen sei, so dass es nicht unbillig sei, die vollerwerbstätige Antragstellerin mit den Kosten zu belasten. Die Einkommensverhältnisse einer Partei sind jedoch nicht ausschlaggebend für die Kostenverteilung.
Der Senat ist daher befugt, selbst Ermessen auszuüben, was zur Aufhebung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens führt. In Sorge- und Umgangssachen entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben (OLG Nürnberg NJW 2010, 1468, 1469).
Es liegen auch keine Anhaltspunkte nach § 82 Abs. 2 FamFG dafür vor, allein der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes folgt aus den §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1 FamGKG. Maßgeblich für die Wertfestsetzung ist das von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde verfolgte Kosteninteresse, dass die Kosten des Verfahrens erster Instanz gegeneinander aufgehoben werden.
Fundstellen
Haufe-Index 7537474 |
FamRZ 2015, 1225 |
NJOZ 2015, 286 |