Leitsatz (amtlich)

Vergütungsanspruch des mit deinem beigeordneten Anwalt in einr Sozietät tätigen Rechtsanwalts gegen die Staatskasse.

 

Verfahrensgang

AG Bitterfeld-Wolfen (Beschluss vom 28.07.2009; Aktenzeichen 8 F 487/07)

 

Tenor

Die Vorlageverfügung der Rechtspflegerin des AG - Familiengerichts - Bitterfeld - Wolfen vom 28.7.2009 wird aufgehoben und die Sache wird zur Entscheidung in eigener Zuständigkeit an das AG Bitterfeld - Wolfen zurückverwiesen.

Das Verfahren vor dem OLG ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Das AG hat mit Beschluss vom 12.6.2009 den Antrag des Rechtsanwalts F. vom 25.9.2008 auf Erstattung von Kosten (Terminsgebühr nebst Mehrwertsteuer) als beigeordneter Anwalt i.H.v. 321,30 EUR zurückgewiesen, weil Rechtsanwalt F. den Klägern im Verfahren nicht beigeordnet gewesen sei sondern ausschließlich Rechtsanwältin M.

Dagegen richtet sich die Beschwerde mit der geltend gemacht wird, Rechtsanwalt F. sei angestellter Anwalt in der Kanzlei M./Sch. gewesen und habe den Termin für die Kanzlei und die beigeordnete Rechtsanwältin M. wahrgenommen; ein Anspruch auf Erstattung der Terminsgebühr bestehe deshalb. Der BGH habe zur Frage der Prozesskostenhilfe bei einer Anwaltssozietät ausgeführt, dass die Beiordnung einer Sozietät im Rahmen der Prozesskostenhilfe erfolgen könne. Die Beiordnung der Rechtsanwältin M. sei dahin auszulegen, dass nicht sie allein, sondern die Sozietät beigeordnet worden sei.

Die Rechtspflegerin des AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 28.7.2009 nicht abgeholfen, weil immer nur eine bestimmte Person beigeordnet werde und nicht eine Anwaltskanzlei, und die Sache mit Verfügung vom selben Tage dem OLG vorgelegt.

Die Vorlageverfügung der Rechtspflegerin des AG ist aufzuheben und die Sache zwecks eigener Entscheidung durch das AG, den zuständigen Richter, zurückzuverweisen.

Denn nach § 56 RVG entscheidet im Verfahren wegen Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung über Erinnerungen eines Rechtsanwalts - um eine solche handelt es sich bei der eingelegten und bezeichneten Beschwerde - das Gericht des Rechtszuges, bei dem die Festsetzung erfolgt ist. Das ist hier das AG und nicht das OLG. Die Sache hätte deshalb dem zuständigen Amtsrichter vorgelegt werden müssen. Erst gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde möglich.

Ergänzend ist Folgendes anzumerken:

Bei seiner Entscheidung wird das AG zu bedenken haben, dass die hier beigeordnete Rechtsanwältin M. die Festsetzung der fraglichen Terminsgebühr einschließlich Mehrwertsteuer für sich beanspruchen könnte, auch wenn sie den Termin selbst nicht wahrgenommen, sondern hiermit Rechtsanwalt F. als Unterbevollmächtigten/Terminsvertreter beauftragt hat (§§ 5, 46 RVG, vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 46 RVG Rz. 31 "Unterbevollmächtigter"). Rechtsanwältin M. hat selbst allerdings die Festsetzung der Terminsgebühr nicht geltend gemacht.

Im Übrigen verweist die Beschwerde zu Recht auf die Grundsatzentscheidung des BGH zur Problematik der Beiordnung einer Anwaltssozietät vom 17.9.2008 - IV ZR 343/07.

Dort führt der BGH aus:

"... Für die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betriebene Anwaltssozietät ist spätestens mit der Entscheidung des BGH vom 29.1.2001 (II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 ff.) eine grundlegende Änderung der rechtlichen Anschauung eingetreten, weil ihr nunmehr die Rechtsfähigkeit einschließlich der Parteifähigkeit zugestanden wird, soweit sie am Rechtsverkehr teilnimmt (BGHZ, a.a.O., S. 343 ff.). Sie untersteht insoweit auch dem Schutz der Art. 12 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG.

4. Eine Beschränkung der Beiordnungsmöglichkeit auf Rechtsanwälte als Einzelpersonen würde die Rechtsanwaltssozietät in ihrer von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübung einschränken, ohne dass sich dafür heute noch tragfähige Gründe finden ließen (vgl. dazu auch Ganter in AnwBl. 2007, 847). Zugleich könnte die Anwaltssozietät gegenüber Einzelanwälten, der Rechtsanwaltsgesellschaft und der Partnerschaftsgesellschaft in einer den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG berührenden Weise benachteiligt sein. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass der dem Prozesskostenhilferecht immanente Grundsatz der Waffengleichheit berührt ist, wenn einerseits eine vermögende Partei in der Lage ist, für sich eine Anwaltssozietät mit den aus deren Arbeitsteilung erwachsenden Vorteilen zu verpflichten, andererseits aber die auf Prozesskostenhilfe angewiesene Partei jeweils auf die Vertretung durch einen einzelnen Rechtsanwalt beschränkt ist (vgl. Ganter, a.a.O.).

Es tritt hinzu, dass die Rechtslage für den Mandanten einer Anwaltssozietät schwer durchschaubar wird, wenn ihm während des laufenden Mandats lediglich ein bestimmter Sozius nach § 121 Abs. 1 ZPO beigeordnet wird. Nach der Rechtsprechung des BGH findet ein zuvor mit der Sozietät geschlossener Mandats-Vertrag mit der Beiordnung nicht ohne weiteres sein Ende (BGH, Urt. v. 23.9.2004 IX ZR 137/03 NJW-RR 2005, 261 unter III 1). Aus dem fehlenden Gleichlauf von Manda...

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