Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 4 O 47/00) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldner wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Halle vom 26.9.2001 abgeändert.
Der Vollstreckungsantrag des Gläubigers wird zurückgewiesen.
Der Gläubiger trägt die Kosten des Vollstreckungsverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 15.600 DM.
Gründe
A. Die Parteien schlossen am 16.3.2000 vor der 4. Zivilkammer des LG Halle einen Vergleich, in dem es unter anderem heißt:
„1. Die Klägerin verpflichtet (sich) dem Beklagten gegenüber, die im Schriftsatz von Rechtsanwalt T. vom 16.3.2000 an das LG Halle in vorliegender Sache aufgeführten 22 Fenster und 1 Balkontür malermäßig fachgerecht zu bearbeiten und zwar außen einschließlich der dazugehörigen Rahmen.
2. Ferner verpflichtet sich die Klägerin dem Beklagten gegenüber, die an den unter Ziffer 1. genannten Fenstern im Bereich der Falze gegebenenfalls vorhandenen Beschädigungen fachgerecht zu beheben.”
Der Gläubiger befindet sich im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleiches. Die Schuldnerin hat bisher keine Arbeiten an den fraglichen Fenstern und an der Balkontür ausgeführt.
Am 20.6.2001 hat der Gläubiger bei dem LG beantragt, ihn zur Vornahme der unter den Nummern 1. und 2. des Vergleiches bezeichneten Maßnahmen auf Kosten der Schuldnerin zu ermächtigen und die Schuldnerin zu verurteilen, hierfür eine Kostenvorauszahlung i.H.v. 15.600 DM zu leisten. Die Schuldnerin hat daraufhin in Aussicht gestellt, einen Malerbetrieb mit den Arbeiten zu beauftragen. Dies ist jedoch zunächst, angeblich infolge eines Versehens, unterblieben.
Das LG hat dem Vollstreckungsantrag schließlich durch Beschluss vom 26.9.2001 entsprochen.
Gegen den ihr am 28.9.2001 zugestellten Beschluss hat die Schuldnerin am 4.10.2001 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, der Gläubiger habe einen für den 1.10.2001 vereinbarten Termin zur Anbringung eines Probeanstriches mit der Begründung abgesagt, dass er die Mängelbeseitigung durch sie nicht mehr hinnehmen wolle.
Der Gläubiger hat um die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde gebeten und ausgeführt, die Schuldnerin habe ihm nur den Anstrich der Fenster und der Balkontür mit einer deckenden Farbe angeboten, obwohl er die Erneuerung der vorhandenen offenporigen Lasur verlangen könne.
B. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des LG Halle vom 26.9.2001 ist zulässig (§§ 793 Abs. 1, 887 Abs. 1, 891, 577 Abs. 1 und 2, 569 ZPO) und begründet.
Die von dem Gläubiger beantragte Zwangsvollstreckung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Vergleich vom 16.3.2000 kein wirksamer Vollstreckungstitel ist.
Gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kann grundsätzlich auch aus Prozessvergleichen die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der Vergleich formell ordnungsgemäß zustandegekommen ist und insbesondere unter Beachtung der Vorschriften über das Sitzungsprotokoll (§§ 159 ff. ZPO) beurkundet wurde (BGHZ 16, 388 [390]). Nicht ordnungsgemäß protokollierte Vergleiche sind nichtig (Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 794 Rz. 34) und daher als Vollstreckungsgrundlage ungeeignet.
Bei Abschluss eines Vergleiches ist dessen gesamter Inhalt in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dies kann gem. § 160 Abs. 5 ZPO auch dadurch geschehen, dass der Inhalt des Vergleiches in eine Schrift aufgenommen wird, die dem Sitzungsprotokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist. Die nicht diesen Anforderungen genügende Bezugnahme auf ein Schriftstück außerhalb des Protokolls stellt keine ordnungsgemäße Beurkundung des Vergleiches dar (OLG Hamm v. 21.12.1999 – 24 U 48/99, MDR 2000, 350; OLG Zweibrücken v. 3.4.1992 – 3 W 63/92, MDR 1993, 84). Ein derart protokollierter Vergleich ist unwirksam.
So liegt der Fall hier.
Die von der vergleichsweisen Regelung der Parteien betroffenen Fenster und die Balkontür sind allein durch die Bezugnahme auf einen Schriftsatz vom 16.3.2000 gekennzeichnet. Dieser Schriftsatz wurde nicht als Anlage zum Sitzungsprotokoll genommen und auch nicht in dem Protokoll als dessen Anlage bezeichnet. Dass in diesem Schriftsatz zudem nicht einmal erwähnt wurde, in welchem Hause die Fenster und die Tür sich eigentlich befinden sollen, spielt für die Frage der formellen Wirksamkeit des Vergleiches keine Rolle.
Davon abgesehen hat der Vergleich auch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, sodass er selbst dann nicht vollstreckbar wäre, wenn das LG die formellen Erfordernisse der Beurkundet beachtet hätte. Was der Schuldner zu leisten hat, muss sich stets aus dem Vollstreckungstitel selbst ergeben und ist dort so genau wie möglich zu bezeichnen. Zwar sind grundsätzlich auch Vollstreckungstitel der Auslegung zugänglich. Als Auslegungsgesichtspunkte dürfen jedoch nur solche Umstände herangezogen werden, die aus dem Titel selbst ersichtlich sind (Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., vor § 704 Rz. 16; Zöller/Stöber, ZPO; 22. Aufl., § 794 Rz. 14). Sonstige Schriftstücke, insbeson...