Entscheidungsstichwort (Thema)

Bordcomputer ÖPNV

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Erfüllung der Anforderung einer rechtsverbindlichen Unterzeichnung des Angebotes.

2. Auch eine Preisangabe von "0 EUR" in einer Leistungsposition (hier: Lizenzkosten für Software) ist eine vorhandene Preisangabe. Ein Bieter ist nicht verpflichtet, jede Kostenposition seiner internen Kalkulation in eine Preisposition umzusetzen.

3. Bleibt das Erfordernis der - z.T. nochmaligen - Vorlage von Verpflichtungserklärungen der jeweils benannten Nachunternehmer (hier: im laufenden Verhandlungsverfahren bei Aufforderung zur Abgabe eines überarbeiteten Angebotes) zumindest undeutlich, so kann auf die Nichtvorlage dieser Fremderklärungen ein Ausschluss des Angebotes jedenfalls nicht gestützt werden.

4. Zur Auslegung von Erklärungen im Begleitschreiben zum Angebot als zusätzliche (ausdrücklich zugelassene) Änderungsvorschläge.

5. Die Aufbewahrungspflicht von Briefumschlägen und Paketverpackungen der Angebote beschränkt sich auf diejenigen Behältnisse der nicht ordnungsgemäß oder verspätet eingegangenen Angebote (§ 22 Nr. 6 Abs. 4 i.V.m. Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 VOL/A).

6. Eingeschränkte Nachprüfbarkeit der Punkteverteilung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung.

 

Verfahrensgang

1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt LSA (Beschluss vom 12.09.2008; Aktenzeichen 1 VK LVwA 11/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 12.9.2008, 1 VK LVwA 11/08, aufgehoben.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragsgegnerin im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

Die von der Antragstellerin zu zahlenden Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer (Gebühren und Auslagen) betragen 3.413,45 EUR.

Die Antragstellerin hat weiter die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Beigeladenen zu tragen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf eine Gebührenstufe bis zu 65.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist eine Beteiligungsgesellschaft privaten Rechts zur Erbringung von Personenbeförderungsleistungen mit Bussen im öffentlichen Nahverkehr, deren Anteile von mehreren Landkreisen und einem Bundesland innegehalten werden. Sie schrieb im März 2007 den oben genannten Lieferauftrag EU-weit auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Leistungen, Teil A, (VOL/A), Ausgabe 2006, dort 1. und 3. Abschnitt, zur Vergabe aus. Der Auftrag hat einen geschätzten Nettoauftragswert von ca. einer Million EUR.

Die Antragsgegnerin wählte ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Öffentlichen Teilnahmewettbewerb. Im Ergebnis des Teilnahmewettbewerbs wurden fünfzehn Unternehmen als Teilnehmer ausgewählt.

Während der erstmaligen Durchführung des Verhandlungsverfahrens fand eine vergaberechtliche Nachprüfung statt. Die 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt ordnete mit Beschluss vom 22.11.2007, 1 VK LVwA 24/07, an, dass die Antragsgegnerin für den Fall der Beibehaltung der Vergabeabsicht zumindest die Abfassung der Aufforderung zur Angebotsabgabe und sodann das Verhandlungsverfahren ab Versendung der Verdingungsunterlagen zu wiederholen habe. Hiergegen hat sich keiner der damaligen Verfahrensbeteiligten gewandt.

Die Antragsgegnerin entschied sich für eine Fortsetzung des Verhandlungsverfahrens entsprechend der Anordnungen der Vergabekammer mit den fünfzehn bereits ausgewählten Teilnehmern, an die sie die veränderten Verdingungsunterlagen einschließlich des neu gefassten Aufforderungsschreibens unter dem 31.3.2008 übersandte. Fünf Unternehmen reichten indikative Angebote ein, über die jeweils Verhandlungsgespräche mit ihnen geführt wurden. Im Ergebnis dieser Gespräche verstärkte sich bei der Antragsgegnerin der Eindruck, dass es teilweise zu unterschiedlichen Interpretationen der Leistungsanforderungen in den Verdingungsunterlagen durch die Bieter gekommen war. Zudem bedienten sich alle Bieter auch fremder Kapazitäten für die Leistungserbringung und die Antragsgegnerin wollte zumindest die Leistungsfähigkeit der Nachunternehmer für wesentliche Leistungspositionen prüfen. Vor allem aus diesen Gründen forderte sie alle Bieter mit Schreiben vom 23.5.2008 auf, jeweils sog. "Nachtragsangebote" entsprechend des nunmehr angegebenen Anforderungsprofils abzugeben, um die Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen. Die Aufforderung enthielt die Anordnung, die neuen Unterlagen nochmals vollständig auszufüllen, auch wenn der einzelne Bieter keinerlei Veränderungen an seinem ursprünglichen Angebot vornehme. Dem Nachtragsangebot sollten u.a. "Formulare:... - Nachunternehmererklärung (en)..." beigefügt werden. Die den Bietern übersandten Unterlagen für das Nachtragsangebot enthielten ein Formular "Verze...

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