Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung für Streitantrag nach Widerspruch im Mahnverfahren; Postentgeltpauschale für Mahn- und Streitverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Betreibt der Antragsteller in einem Mahnverfahren dieses nach Zugang des Widerspruchs des Antragsgegners nicht weiter und zahlt stattdessen der Antragsgegner den Kostenvorschuss, beantragt Abgabe an das Gericht des streitigen Verfahrens und stellt, anwaltlicht vertreten, nach weiterem erfolglosen Zuwarten einen Antrag nach § 697 Abs. 3 ZPO, so entsteht eine Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 3100 RVG-VV.

 

Normenkette

RVG-VV Nrn. 3100, 3307, 7002; ZPO §§ 91, 104, 697 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 14.04.2011)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Magdeburg vom 14.4.2011 in der Fassung der teilweisen Änderung durch Beschluss vom 28.6.2011 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die auf Grund des 1. Versäumnisurteils des LG Magdeburg vom 1.3.2011 von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf 2.493,70 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2011 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.004,50 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin hat die Beklagte wegen einer Werklohnforderung i.H.v. 30.464,11 EUR im Wege des Mahnverfahrens in Anspruch genommen. Die Beklagte hat nach ihrem Widerspruch gegen den Mahnbescheid und Untätigkeit der Klägerin einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens und nach Abgabe des Verfahrens an das LG Magdeburg einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Im Termin ist die Klägerin säumig geblieben. Das LG Magdeburg hat der Klägerin mit seinem am 1.3.2011 verkündeten 1. Versäumnisurteil die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Mit ihrem Beschluss vom 14.4.2011 hat die Rechtspflegerin des LG Magdeburg die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten i.H.v. 1.452 EUR festgesetzt. Gegen diesen, ihr am 19.5.2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 1.6.2011. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Inhalt des Schriftsatzes Bezug genommen.

Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 28.6.2011 teilweise abgeholfen und die zu erstattenden Kosten nunmehr auf 1.509,20 EUR festgesetzt. Wegen der weiter gehenden sofortigen Beschwerde, der sie nicht abgeholfen hat, hat sie die Sache dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.

B. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und die erforderliche Mindestbeschwer ist überschritten. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

I. Die für die Durchführung des Mahnverfahrens geltend gemachten Kosten i.H.v. 435 EUR sind antragsgemäß festgesetzt worden; hierauf bezieht sich das Rechtsmittel nicht.

II. Als Kosten des streitigen Verfahrens sind insgesamt 1.136,20 EUR festzusetzen.

1. Entgegen der Auffassung des LG ist eine Verfahrensgebühr nach VV Nr. 3100 RVG zum Kostenwert des streitigen Verfahrens begründet worden, auf die jedoch die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens nach VV Nr. 3307 Satz 2 RVG anzurechnen ist. Diese Gebühr beträgt 664 EUR (1.079 EUR - 415 EUR).

Die Beklagte hat nicht nur Widerspruch eingelegt und den Gerichtskostenvorschuss gezahlt. Sie hat auch ausdrücklich die Abgabe an das Streitgericht beantragt und damit deutlich gemacht, dass sie die Rechtshängigkeit des im Mahnverfahren geltend gemachten Anspruchs herbeiführen will. Die Klägerin hätte noch ausreichend Gelegenheit gehabt, ihren Antrag zurückzunehmen und so eine Entstehung weiterer Gerichts- und Anwaltskosten zu vermeiden; dies hat sie nicht getan. Mit dem Antrag auf Anberaumung eines Termins der mündlichen Verhandlung nach § 697 Abs. 3 ZPO hat die Beklagte eine Prozesshandlung im streitigen (rechtshängigen) Verfahren vorgenommen; diese Prozesshandlung begründet einen Anspruch auf eine Verfahrensgebühr nach VV Nr. 3100 RVG.

2. Zu Unrecht hat das LG die Terminsgebühr nach einem geringeren Streitwert bemessen. Die Beklagte hat einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt. Damit sind die Voraussetzungen für die Begründung einer Terminsgebühr in der Sache erfüllt. Allerdings hat die Klägerin zu Recht darauf verwiesen, dass lediglich eine ermäßigte Gebühr nach VV Nr. 3105 in Höhe einer 0,5-fachen Gebühr angefallen ist, weil die Klägerin im Termin säumig geblieben ist. Hieraus ergibt sich ein Betrag von 415 EUR.

3. Die Auslagen der Prozessbevollmächtigten (Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld für den Termin am 1.3.2011) sind durch die teilweise Abhilfe des LG Magdeburg nicht me...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?