Entscheidungsstichwort (Thema)
Sorgerecht
Verfahrensgang
AG Wernigerode (Beschluss vom 23.04.2001; Aktenzeichen 11 F 1065/99) |
Tenor
1. Auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Wernigerode vom 23.04.2001, Az.: 11 F 1065/99, aufgehoben.
2. Das elterliche Sorgerecht – mit Ausnahme des Teilbereichs der Gesundheitsfürsorge, welche auf die Pflegeeltern übertragen wird – für das am 28. Januar 1999 geborene Kind G. K. wird der Antragstellerin übertragen.
3. Es wird angeordnet, dass das Kind G. K. bei den Pflegeeltern M. und U. M., K. straße, H., verbleibt.
4. Die zwischen der Kindesmutter und den Pflegeeltern am 18.10.2001 einvernehmlich getroffene Umgangsrechtsregelung betreffend das Kind G. wird familiengerichtlich genehmigt.
5. Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht gerichtsgebühren- und auslagenfrei; außergerichtliche Kosten werden in erster und zweiter Instanz bezüglich des Sorgerechtsverfahrens nicht erstattet. Die Gerichtskosten der ersten Instanz, die in Höhe einer halben Gebühr erhoben werden, fallen der Kindesmutter zur Last.
6. Der Geschäftswert für das erstinstanzliche Sorgerechtsverfahren und das diesbezügliche Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 5.000,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin ist die leibliche Mutter des nicht ehelich am 28.01.1999 in W. geborenen Kindes G..
1. Die Kindesmutter wurde am 25.03.1974 in A. in Griechenland als zweites von insgesamt acht Kindern geboren und im Alter von 5 Jahren eingeschult. Sie besuchte die Schule sechs Jahre lang und verließ diese, um ihren Angehörigen durch die Beaufsichtigung und Betreuung der jüngeren Geschwister zu helfen. Einen Beruf erlernte die Antragstellerin nicht. Ihren späteren Verlobten, mit dem sie sich von Anfang an nicht gut verstand und häufig stritt, lernte sie durch Vermittlung der jeweiligen Eltern kennen. Nachdem sie von ihm schwanger geworden und die Schwangerschaft, bei der es sich um ihre erste handelte, von einem Gynäkologen bestätigt worden war, wurde die Verlobung Anfang Juni 1998 gelöst. Außer ihrem Verlobten und einer Freundin hatte die Antragstellerin in Griechenland keiner weiteren Person ihre Schwangerschaft offenbart.
Am 04.10.1998 kam die Antragstellerin nach Deutschland, weil sie hoffte, hier den in ihrem Heimatland zu erwartenden Problemen für eine unverheiratete Mutter zu entgehen und bessere soziale und finanzielle Verhältnisse vorzufinden. Zudem befürchtete sie, in Griechenland von den Eltern ihres ehemaligen Verlobten wegen der Schwangerschaft doch noch zur Heirat gedrängt zu werden. Zunächst war sie 2 ½ Monate in einem Lokal in der Nähe von B. tätig, wo auch einer ihrer Brüder arbeitet. Als es dort Probleme mit dem Chef gab, ging die Antragstellerin nach W., wo sie seitdem in dem griechischen Restaurant „P.” als Reinigungskraft und als Bedienung arbeitet und ca. 1.500,00 DM monatlich netto verdient. Zum damaligen Zeitpunkt teilte sie zusammen mit einem ebenfalls im Restaurant tätigen Bruder ein Zimmer in dem dem Restaurant gegenüberliegenden Haus in der Sch. straße 07. Weder dem Bruder noch den Kollegen fiel die Schwangerschaft der Antragstellerin, die lediglich 6 bis 7 kg zugenommen hatte, in der Folgezeit auf.
Am 28. Januar 1999 kam es zur Geburt des Kindes.
Durch – mittlerweile rechtskräftiges – Urteil der 9. Strafkammer des Landgerichts Magdeburg vom 14.04.2000, Az.: 29 (21) Ks 22/99, wurde die Kindesmutter wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung an dem Kinde zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt (Bl. 90 bis 102, Bd. I d. A.).
Die Kindesmutter war wegen dieser Tat am 04.02.1999 vorläufig festgenommen worden und befand sich sodann auf Grund des gegen sie erlassenen Haftbefehls des Amtsgerichts Wernigerode vom gleichen Tag in der JVA Halberstadt in Untersuchungshaft. Durch Beschluss vom 17.03.1999 wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt und die Kindesmutter an diesem Tage wieder aus der Haft entlassen.
2. Mit Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Wernigerode vom 03.02.1999, Az.: 11 F 1065/99 (Bl. 5 bis 7, Bd. I d.A.), ist der Kindesmutter, nachdem das Kind in einem Container aufgefunden und in ein Krankenhaus gebracht worden war, auf Antrag des Jugendamtes W. vom 02.02.1999 (Bl. 2, Bd. I d.A.) im Wege der einstweiligen Anordnung ohne Anhörung der Beteiligten das Sorgerecht vorläufig entzogen worden. Das Jugendamt ist gleichzeitig zum Vormund und Rechtsanwältin F. zur Verfahrenspflegerin für das Kind bestellt worden.
Das Kind hat sich vom 28.01.1999 bis zum 16.02.1999 zunächst im Harzklinikum W. befunden, seitdem lebt es bei der Pflegefamilie M. in H..
Mit Schriftsatz vom 24.02.1999 (Bl. 26 ff., Bd. I d.A.) hat die Kindesmutter beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Wernigerode vom 03.02.1999 wieder aufzuheben. Nach Anhörung der Beteiligten durch den zuständigen Familienrichter am 25.02.1999 – den Termin hatte er zuvor von Amts wegen am 05.02.1999 angeor...