Leitsatz (amtlich)
Reagiert ein Richter in der mündlichen Verhandlung auf die Erwartung einer Partei, im Rechtsstreit vollumfänglich zu obsiegen, mit den Worten: "Da werden Sie sich aber wundern", rechtfertigt dies für sich betrachtet noch nicht den Vorwurf der Befangenheit.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 28.08.2006; Aktenzeichen 32 O 239/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des LG Magdeburg vom 28.8.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Ablehnungsgesuch des Beklagten als unbegründet abgewiesen wird.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Gründe
A. In dem dem Ablehnungsverfahren zugrunde liegenden Hauptsacherechtsstreit nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung restlichen Werklohns aus einem Bauvertrag über eine Dachneueindeckung an dem Wohnhaus des Beklagten in Anspruch. Widerklagend verlangt der Beklagte von der Klägerin die Erstattung von Aufwendungen für die Beseitigung von Baumängeln.
Gemäß Beweisbeschluss vom 5.12.2005 hat das LG über das Vorliegen streitiger Werkmängel Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. In dem nach Eingang des Gutachtens anberaumten Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme vom 30.8.2006 hat der Vorsitzende der zweiten Kammer für Handelssachen erneut den Versuch unternommen, auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken, und einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, der vorsah, dass der Beklagte zur Abgeltung aller wechselseitigen Ansprüche an die Klägerin einen Betrag von 5.000 EUR leistet. Der Beklagte hat den Vergleichsvorschlag kategorisch abgelehnt, weil er sich zu einer weiteren Zahlung an die Klägerin nicht mehr verpflichtet sieht. Darauf hat der Vorsitzende geäußert: "Da werden Sie sich aber wundern."
Wegen dieser Äußerung hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten den Vorsitzenden Richter am LG O. wegen der Besorgnis der Befangenheit zu Protokoll des Gerichts abgelehnt. Er hat die Ansicht vertreten, dass in der Reaktion des Vorsitzenden Richters auf die Zurückweisung seines Vergleichsangebotes offenbar geworden sei, dass dieser dem Rechtsstreit und insbesondere auch dem Beklagten nicht mehr unvoreingenommen und unparteiisch gegenüberstehe.
Der Vorsitzende Richter am LG O. hat sich am 30.8.2006 und ergänzend am 11.9.2006 zu dem Ablehnungsgesuch des Beklagten dienstlich geäußert. Er hat erklärt, dass der beanstandete Satz gefallen sei, nachdem der Beklagte jegliche Zahlung an die Klägerin kategorisch abgelehnt habe.
Mit Beschluss vom 28.9.2006 hat die geschäftsverteilungsplanmäßige Vertreterin des abgelehnten Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen den Befangenheitsantrag als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten gestellte Ablehnungsgesuch bereits der Zulässigkeit entbehre. Denn ein Prozessbevollmächtigter sei in eigenem Namen nicht zur Ablehnung eines Richters berechtigt, das Ablehnungsrecht stehe vielmehr nach § 42 Abs. 3 ZPO ausschließlich den Parteien zu. Im Übrigen sei der Befangenheitsantrag aber auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Die Äußerung des Vorsitzenden mag zwar in einem etwas saloppen Ton gefallen seien, sie weise jedoch keine abfällige, höhnische oder in sonstiger Weise kränkende und beleidigende Wortwahl auf. Zudem dürfe die Erklärung nicht isoliert betrachtet werden, sondern müsse im Zusammenhang gewürdigt werden. Mit dem unterbreiteten Vergleichsvorschlag habe der abgelehnte Vorsitzende zugleich seine Rechtsansicht zu den Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung des Beklagten kund getan. Denn wie sich aus dem Vergleichsangebot ergebe, sei er nach Bewertung der Sach- und Rechtslage von einer Zahlungsverpflichtung des Beklagten jedenfalls in der genannten Größenordnung ausgegangen, denn anderenfalls hätte er nicht eine entsprechende Vergleichsregelung vorgeschlagen. Die Äußerung des Vorsitzenden, mit der er auf die kategorische Zahlungsverweigerung des Beklagten erwiderte, gebe daher nur die in dem Vergleichsangebot zum Ausdruck kommende rechtliche Bewertung des Vorsitzenden wieder.
Gegen diesen, dem Beklagten am 6.10.2006 zugestellten Beschluss hat er mit einem am 16.10.2006 bei dem LG eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er trägt vor, dass sein Prozessbevollmächtigter das Ablehnungsgesuch seinerzeit keineswegs im eigenen Namen abgegeben habe, sondern ihn - wie auch bei jeder anderen Prozesserklärung in dem rechtshängigen Verfahren - im Rahmen der erteilten Prozessvollmacht vertreten habe, sein Ablehnungsgesuch sei daher zulässig. Er meint, dass der Befangenheitsantrag auch in der Sache gerechtfertigt sei. Denn der abgelehnte Vorsitzende Richter habe mit dieser Äußerung zum Ausdruck gebracht, dass er sich trotz völlig offener Prozesslage bzw. ungeklärter Beweislage in der Sache bereits endgültig festgelegt habe. Denn er sei offenkundig schon zum Zeitpunkt d...