Leitsatz (amtlich)

Bausparguthaben ist Sparvermögen und steht vor der Auszahlung dem Berechtigten nicht zur Verfügung. Eine vorzeitige Kündigung ist nicht angezeigt.

 

Verfahrensgang

AG Wernigerode (Beschluss vom 05.06.2002; Aktenzeichen F 1685/01)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG – FamG – Wernigerode vom 5.6.2002, Az.: 11 F 1685/01, aufgehoben und der Antragsgegnerin für das Scheidungsverfahren in erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt T. G. zu ihrer Vertretung bewilligt.

 

Gründe

I. Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den ihr die beantragte Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des AG Wernigerode vom 5.6.2002 (Bl. 26/27 d.A.) hat auch in der Sache Erfolg.

Nach § 114 ZPO kann einer Partei, die nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf ihren Antrag Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Unter Berücksichtigung dessen war der Antragsgegnerin für das notwendige Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, denn die Antragsgegnerin ist nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen bedürftig i.S.d. vorstehend genannten Vorschrift.

Soweit das AG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf ein von der Antragsgegnerin für die Prozessführung einzusetzendes Vermögen von 2.000 DM abgelehnt hat, kann dem nicht gefolgt werden.

Zwar verfügt die Antragsgegnerin ausweislich ihrer Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen über ein Gesamtvermögen von 6.500 DM (Bl. 1 Rs. PKH-Heft der Antragsgegnerin), und nach Abzug eines ihr grundsätzlich gem. § 115 Abs. 2 S. 2 ZPO in Verb. mit § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit b. der Verordnung zu § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG zu belassenden Schonvermögens von 5.000 DM bzw. 2.557 Euro verbliebe damit – rechnerisch – ein für die Prozessführung einzusetzendes Vermögen von 1.500 DM. Indes ist der Einsatz dieses Vermögens unzumutbar i.S.v. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Das AG hat außer Acht gelassen, dass es sich bei 4.000 DM des Sparvermögens um ein Bausparguthaben handelt, welches erst im Jahre 2007 zur Auszahlung fällig ist, und dass der Antragsgegnerin im Falle der vorzeitigen Kündigung des Bausparvertrages zudem erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, wie nam. der Verlust des Anspruchs auf ein Darlehen mit geringem Zins und die Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der Bausparprämien. In Anbetracht dessen ist aber der Einsatz des Bausparguthabens für die Antragsgegnerin nach § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht zumutbar, mit der Folge, dass dieses Vermögen bei der Bestimmung ihrer Bedürftigkeit unberücksichtigt zu bleiben hat.

Ob das übrige Vermögen von 2.500 DM (2000 DM Lebensversicherung und Aktienfondanteile + 500 DM Sparguthaben) für die Prozessführung einzusetzen wäre, mag dahinstehen, da insoweit die Grenze des Schonvermögens nicht überschritten wird.

Die Bedürftigkeit der Antragsgegnerin entfällt schließlich auch nicht deshalb, weil diese ggü. dem Antragsteller nach § 1360a Abs. 4 BGB einen gem. § 115 Abs. 2 S. 1 ZPO als Vermögensbestandteil zu berücksichtigenden Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses hätte.

Zwar erzielt der Antragsteller ein monatliches Nettoeinkommen von 1.427,88 Euro (Bl. 33 d.A.), indes hätte auch er einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenn auch nur gegen Zahlung einer monatlichen Rate von 115 Euro.

Denn abzüglich des Freibetrages für die Partei von 360 Euro, des Erwerbstätigenbonus von 141 Euro, des von ihm gezahlten Ehegattenunterhaltes von 123 Euro, des geleisteten Kindesunterhaltes von 177 Euro sowie geschätzter Wohnkosten von 300 Euro monatlich verbleibt auf Seiten des Antragstellers lediglich ein einzusetzendes Einkommen i.S.v. § 115 Abs. 1 S. 4 ZPO von 326,88 Euro, abgerundet 326 Euro.

Bei diesem Einkommen hätte aber auch der Antragsteller seinerseits einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegen eine monatliche Zahlungsverpflichtung von 115 Euro gehabt. Wäre aber dem Prozesskostenvorschusspflichtigen eigentlich Prozesskostenhilfe, und sei es auch nur gegen eine monatlich aufzubringende Rate, zu bewilligen, dann darf der Prozesskostenvorschussberechtigte, hier also die Antragsgegnerin, nicht auf einen Vorschuss verwiesen werden. Denn anderenfalls müsste der Prozesskostenvorschusspflichtige, also der Antragsteller, in weit höherem Maße für die Prozesskosten aufkommen, als es § 115 ZPO vorsieht (Philippi in Zöller, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 115 ZPO Rz 70 m.w.N.).

Nach alledem konnte der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben.

II. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.

Gerichtsgebühren fallen bei einer erfolgreichen Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren nicht an (§ 1 Abs. 1 GKG...

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