Leitsatz (amtlich)

Die Gesuchstellerin missbraucht das Rechtsinstitut der Ehe, wenn sie ein Ehefähigkeitszeugnis beantragt, obwohl die andere Person von der Gesuchstellerin nur durch ein Video Kenntnis hat und bisher nur durch Briefe und Telefonate Kontakt bestand, ein unmittelbarer persönlicher Kontakt nie stattgefunden hat.

 

Tenor

Der Antrag der Frau T. auf gerichtliche Entscheidung wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten trägt die Antragstellerin, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert beträgt 5.000 DM.

 

Gründe

Die Antragstellerin hat am 5.10.2000 bei der Präsidentin des OLG Naumburg die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses beantragt, den das OLG mit Bescheid vom 22.6.2001 zurückgewiesen hat.

Mit Anwaltsschreiben vom 22.7.2001, eingegangen vorab per Fax am 23.7.2001, hat die Antragstellerin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 24, 26 EGGVG).

Er ist allerdings unbegründet, denn der angefochtene Bescheid der Präsidentin des OLG erweist sich als zutreffend.

Er geht zu Recht davon aus, dass der Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist.

Denn die Anmeldung einer Eheschließung und der Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gründen, wie der angefochtene Bescheid zutreffend ausführt, auf der Vorstellung, dass eine Ehe beabsichtigt ist. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist eine Ehe eine auf Lebenszeit geschlossene Gemeinschaft, in der sich die Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zu gemeinsamer Verantwortung für einander verpflichten.

In aller Regel wird daher eine Ehe nur dann geschlossen werden, wenn sich die Partner persönlich und über eine gewisse Zeit näher kennen gelernt und geprüft haben, ob sie fähig und in der Lage sind, in dauerhafter ehelicher Gemeinschaft miteinander zu leben.

Wenn der Bescheid unter diesen Prämissen angesichts dessen, dass sich die Gesuchstellerin und Herr W. bisher nie persönlich kennen gelernt haben, Herr W. von der Gesuchstellerin nur Kenntnis durch ein Video des Onkels erlangt und seit dem Kennenlernen lediglich geschrieben und telefoniert hat, davon ausgeht, sowohl mit dem Eheschließungsantrag als auch dem Befreiungsantrag werde das Rechtsinstitut der Ehe missbraucht, ist dem beipflichten.

Da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung neuen Tatsachenvortag nicht enthält, war für eine stattgebende Entscheidung kein Raum.

Die weiteren Entscheidungen beruhen auf § 30 EGGVG i.V.m. § 130, 30 KostO, § 13a FGG.

gez. Kleist gez. Hellriegel gez. Bisping

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108598

FamRZ 2002, 955

EzFamR aktuell 2002, 50

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