Leitsatz (amtlich)
Erklärt ein Beklagter gegenüber der Klageforderung hilfsweise die Aufrechnung mit einer Gegenforderung und macht diese außerdem noch zum Gegenstand einer Widerklage, kann über die Klage bzw. die Widerklage grundsätzlich nicht durch Teilurteil entschieden werden (Anschluss an BGH, Urt. v. 2.11.1994 - XII ZR 167/93).
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 21.03.2013; Aktenzeichen 4 O 52/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Parteien wird - unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel - von Amts wegen das Teil-Urteil der 4. Zivilkammer des LG Halle vom 21.3.2013 - 4 O 52/12, und das ihm zugrunde liegende Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlich entstandenen Kosten in der Berufungsinstanz, an das LG Halle zurückverwiesen.
2. Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 2.047,66 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 2 und 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. den §§ 2, 6 Satz 1 ZPO).
Gründe
I. Die Klägerin, eine seit Jahren für den Beklagten tätig gewordene Steuer- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft, begehrt von diesem i.H.v. insgesamt noch 2.047,66 EUR die Zahlung des Steuerberaterhonorars für diverse Leistungen in den Jahren 2007 bis 2009 betreffend namentlich die Aufstellung des Jahresabschlusses, Steuererklärungen und die betriebliche Buchführung.
Seit Februar 2006 betrieb der Beklagte neben seinem Einzelunternehmen auch noch als Gesellschafter-Geschäftsführer die R. Transportservice GmbH (im Folgenden: GmbH), für welche die Klägerin ebenfalls tätig wurde und über deren Vermögen mit Beschluss des AG Halle vom 2.10.2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.
Gegenstand der Klage sind eine Rechnung der Klägerin vom 31.12.2008 (Bd. I Bl. 4 - 5 d.A.) über 2.190,65 EUR, zwei weitere Rechnungen vom 31.12.2008 (Bd. I Bl. 6 d.A.) und 31.1.2009 (Bd. I Bl. 7 d.A.) über jeweils 85,68 EUR und eine Rechnung vom 31.3.2009 (Bd. I Bl. 9 d.A.) über 65,69 EUR.
Mit Rechnung vom 9.3.2009 (Bd. I Bl. 8 d.A.) erteilte die Klägerin dem Beklagten wegen zuviel geleisteter Vorauszahlungen im Jahre 2008 für Buchführungsarbeiten eine Gutschrift i.H.v. 380,04 EUR, nach deren Abzug von den vorstehenden Rechnungsbeträgen die Klageforderung i.H.v. 2.047,66 EUR verbleibt.
Die Parteien streiten im Wesentlichen über die angemessene Höhe der von der Klägerin im Einzelnen für ihre Leistungen angesetzten Rahmengebühren.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 4.10.2010 (Bl. 76 - 83 Bd. I d.A.) die Hilfsaufrechnung gegen die Klageforderung mit zwei Schadensersatzforderungen i.H.v. zumindest 6.575,97 EUR erklärt und dazu vorgetragen, ihm stehe gegen die Klägerin wegen einer Falschberatung im Zusammenhang mit der Erhöhung seines Geschäftsführergehalts ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.690,81 EUR und wegen der mit Verlust verbundenen Vermietung eigener Büroräume an die GmbH ein solcher i.H.v. weiteren 4.885,16 EUR zu.
Mit Schriftsatz vom 23.1.2012 (Bl. 10a - 13 Bd. II d.A.) hat er wegen der nämlichen Schadensersatzforderungen, allerdings unter Korrektur eines den Mietschaden zuvor bei der Hilfsaufrechnung unzutreffenderweise um 300,- EUR verkürzenden Rechenfehlers, zudem Widerklage über einen Betrag von nunmehr 6.875,97 EUR erhoben.
Das zunächst mit der Sache befasste AG Halle hatte bereits zuvor auf Antrag der Klägerin am 20.7.2011 - und nicht, wie im nachfolgenden Teil-Urteil des LG im Tenor und Tatbestand, aber auch schon desorientierenderweise in der Einspruchsschrift des Beklagten vom 4.10.2011 (Bl. 246 Bd. I d.A.) zu lesen, am 27.9.2011 - ein Versäumnisurteil (Bl. 236 Bd. I d.A.) über die Klageforderung nebst Zinsen erlassen, das heißt in der mündlichen Verhandlung nach unterlassener Antragstellung des Beklagten verkündet (Bl. 234/235 Bd. I d.A.).
Mit Beschluss des AG vom 9.2.2012 (Bl. 21 Bd. II d.A.) erfolgte auf den mit der Widerklage gestellten Antrag des Beklagten die Verweisung an das LG Halle.
Das LG hat das Versäumnisurteil des AG Halle mit Teilurteil vom 21.3.2013 (Bl. 87 - 95 Bd. II d.A.) insoweit aufrechterhalten, als der Beklagte zur Zahlung von 803,37 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist, und die Klage im Übrigen unter Aufhebung des Versäumnisurteils abgewiesen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, Zahlungsansprüche stünden der Klägerin nur in Höhe des jeweiligen Mindestsatzes zu, da diese trotz mehrfacher Hinweise ihrer Darlegungs- und Beweislast für eine darüber liegende Gebühr nicht nachgekommen sei.
Gegen das Teil-Urteil des LG richten sich die Berufungen beider Parteien, gerichtet auf die uneingeschränkte Wiederherstellung des Versäumnisurteils bei der Klägerin und auf dessen komplette Beseitigung bei dem Beklagten.
Die Klägerin wendet sich, unter näherem Vortrag zu den Rechnungen im Einzelnen, gegen den ihres Erachtens im vorliegenden Regelfall ungerechtfertigten Ansatz der j...