Leitsatz (amtlich)
1. Der Erwerber eines in der ehemaligen DDR durch eine mit Organisationsvertrag gebildete Investitionsgemeinschaft mit einer Betriebsstraße bebauten Grundstücks kann von den Rechtsnachfolgern der Kooperationspartner nur dann eine Nutzungsentschädigung verlangen, wenn die Voraussetzungen des § 990 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegen.
2. Ohne entsprechendes Verlangen der Nutzer entstehen weder ein Anspruch auf Notwegrente noch auf ein Entgelt nach § 118 Abs. 1 SachenRBerG.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 9 O 76/01) |
Tenor
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 47.471,31 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Entschädigung für die „Mitbenutzung” einer auf seinem Grundstück in O. gelegenen Betriebsstraße (Straße der Bergarbeiter) für die Zeit vom 27.7.1991 bis 31.12.1992 in Anspruch.
Eigentümer des Grundstücks des Klägers Flur 12, Flurstück 95 und 96, eingetragen im Grundbuch von A. Bl. 2379 (vgl. Grundbuchauszug Bl. 25 ff. d.A.) war die C. AG. Die C. AG ging im Wege der Umwandlung aus dem VEB C. hervor. Bei der Beklagten handelt es sich um den ehemaligen VEB B.
Im Jahre 1973 sollte der VEB B. in O. ein Staatsplanvorhaben realisieren. Es ging hierbei um die Errichtung eines Bewehrungsvorfertigungswerkes. Rechtsträger des zum Bau vorgesehenen Areals war zu diesem Zeitpunkt noch das Braunkohlenkombinat G. 1974 wurde beschlossen, dass der VEB C. im gleichen Bereich, speziell auf den Flurstücken 95 und 96, ein Zentrallager errichten sollte. Dies wurde dem VEB B. durch Schreiben vom 14.10.1974 mitgeteilt (Bl. 123 f. d.A.). Am 6.1.1975 fand eine Beratung zur Koordinierung der Investitionen und Interessen der insgesamt 4 im Bereich O. vorgesehenen Anlieger statt. Man wollte die zur Versorgung der betrieblichen Einrichtungen notwendigen Versorgungstrassen einschließlich einer Betriebsstraße gemeinsam errichten. Gleichzeitig wurde die Frage der späteren Grundstücksgrenzen der einzelnen Betriebe besprochen (vgl. Protokoll Bl. 125 ff. d.A.). Am 10.12.1975 schlossen die Beteiligten einen Organisationsvertrag zur gemeinsamen verkehrstechnischen Versorgung der im sog. Funktionsgebiet 14 des Industriegebietes H. liegenden Grundstücke (Bl. 129 ff. d.A.). An diesem Vertrag und der insoweit begründeten Investitionsgemeinschaft waren auch der VEB B. und der VEB C. beteiligt.
Der Organisationsvertrag ging von der späteren Rechtsträgerschaft des VEB Bau- und Montagekombinats Chemie an den Straßengrundstücken aus. Tatsächlich wurde nach Realisierung des Investitionsvorhabens der VEB C. zum Rechtsträger bestimmt.
Das B. hat die Straße errichtet und sodann allen beteiligten Anliegern zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Baukosten wurden entsprechend dem Organisationsvertrag unter den Betrieben geteilt. Für die anschließende Nutzung der Straße wurde ein Entgelt nicht entrichtet. Die Straße ist die einzige Zufahrt zum Betriebsgrundstück der Beklagten.
Am 27.7.1991 verkaufte die C. AG zur UR-Nr. … des Notars L. aus B. dem Kläger die u.a. mit der Straße bebauten Grundstücke (Bl. 79 ff. d.A.). Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr gingen am gleichen Tag auf den Kläger über. Die Verkäuferin versicherte, dass Rechte Dritter an dem Grundstück nicht bestehen würden. Am 27.4.1992 wurde der Kläger als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Mit Rechnung vom 26.1.1996 hat der Kläger von der Beklagten für die Zeit vom 27.7.1991 bis 31.12.1995 einen Betrag von 158.669,20 DM als Entschädigung für die Nutzung der Straße der Bergarbeiter geltend gemacht (Bl. 12 d.A.).
Der Kläger hat behauptet, er habe erhebliche Zeit nach Vertragsabschluss festgestellt, dass seine Privatstraße auch von der Beklagten als Zufahrt zu ihrem Grundstück genutzt werde. Dies müsse er, so hat der Kläger vertreten, auf Dauer nicht entschädigungslos hinnehmen. Vielmehr sei die Beklagte verpflichtet, jeden Monat pro m² 2 DM an den Kläger zu entrichten, was bei einer Größe der Straße von 1.065 m² für die Zeit vom 27.7.1991 bis 31.12.1992 einer Summe von 41.279,40 DM zzgl. MwSt. entspreche.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 41.279,40 DM zzgl. 6.191,91 DM MwSt. nebst 5 % Zinsen seit Zustellung des Mahnbescheids zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und darüber hinaus gemeint, der Kläger sei jedenfalls für Forderungen vor April 1992 nicht aktivlegitimiert. Außerdem handele es sich bei der auf dem Grundstück des Klägers liegenden Straße um keine Privatstraße, sondern um eine Gemeindestraße. Schließlich habe die Beklagte ein unentgeltliches Mitbenutzungsrecht. Hierzu hat die Beklagte behauptet, bei der Errichtung der Straße durch die Anliegerbetriebe habe darin Übereinstimmung bestanden, dass dem Rechtsträger des Straßengrundstücks eine Entschädigung nicht zu zahlen sei. Die Beklagte habe die Straße nur bis 1995 genutzt.
Das LG hat die Klage durch Urteil vom 24.8.2001 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung a...