Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Klage auf Leistungsbestimmung aus einem Schiedsgutachten nach der Fertigstellungsanzeige des GU und der Abnahme der Arbeiten durch die Bauherren
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Dachstuhl mit Hölzern errichtet, welche statische Aufgaben zu übernehmen haben, muss deren Eignung zu diesem Zweck nachgewiesen werden. Der fehlende Nachweis führt dazu, dass nicht geprüft werden kann, ob die errichtete Konstruktion den Vorgaben der genehmigten Statik entspricht.
2. Nach den anerkannten Regeln der Technik des Dachdeckerhandwerks mussten in den Jahren 2015 bzw. 2016 Bauhölzer mit statischer Funktion nicht nur eine Mindestnenndicke von 24 mm aufweisen, sondern auch mit einer CE-Kennzeichnung versehen sein und der Sortierklasse S 10 entsprechen.
3. Der Feststellung der mangelnden Prüfbarkeit der Eignung des verwendeten Bauholzes für seine tragende Funktion wegen fehlender CE-Kennzeichnung steht die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg (Urteil v. 04.09.2018, 2 U 58/18) nicht entgegen.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 06.09.2019; Aktenzeichen 5 O 494/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6. September 2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 7.044,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 13. April 2017 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Beklagten berechtigt sind, einen Betrag in Höhe von 10.250,00 EUR als Vorschuss auf die Selbstvornahme der Beseitigung der Mängel am Dachstuhl des Gebäudes E. Weg in H. zu verwenden.
4. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagten 1.241,94 EUR zu zahlen.
5. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Klägerin zu 68 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 32 % zu tragen. Die Klägerin hat weiter 68 % der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Beklagten zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsvollstreckung durch den Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
und beschlossen:
Der Kostenwert des Berufungsverfahrens wird auf eine Gebührenstufe bis zu 22.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin begehrt von den Beklagten restlichen Werklohn; die Beklagten haben sowohl zur Rechtsverteidigung gegen die Klage als auch widerklagend Gewährleistungsansprüche geltend gemacht.
Die Beklagten, die Beklagte zu 1) seinerzeit noch unter dem Namen Prill, beauftragten die Klägerin als Generalunternehmerin mit der Errichtung eines Einfamilienhauses auf ihrem Grundstück E. Weg in H. mit einem am 10./12.05.2015 geschlossenen Werkvertrag. Nach Ziffer 5 des Werkvertrags sollten Leistungsstörungen nach den entsprechenden Regelungen des BGB behandelt werden. Ergänzend zu den vertraglichen Regelungen sollte der Inhalt der Anlage 2 zum Werkvertrag, der Baubeschreibung, gelten. In Ziffer 11 enthielt die Baubeschreibung zu den geschuldeten Zimmererarbeiten u.a. folgende Festlegung:
"Für den Dachstuhl werden Nadelhölzer der Güteklasse II gem. DIN 1052 verwendet. ... Imprägnierte Dachlattung und Konterlattung mit Unterspannbahn (nach Erfordernis der ausgewählten Dachsteine). ..." (vgl. Anlage K 2).
Die Klägerin setzte für die Errichtung des Dachstuhls die Nachunternehmerin D. GmbH ein. Diese verwendete für die Konterlattung des Dachstuhls ein Bauholz in der Festigkeitsklasse 24/48 ohne eine CE-Kennzeichnung. Der von den Beklagten zur baubegleitenden Qualitätskontrolle eingesetzte Dipl.-Ing. K. (Bauherrenschutzverband e.V.) beanstandete namens und in Vollmacht der Beklagten mit seinem Schreiben vom 02.07.2016 die Konterlattung als mangelhaft, insbesondere rügte er, dass die Konterlattung als tragendes Bauteil nicht der DIN EN 14081-1 entspreche und dass die erforderliche CE-Kennzeichnung fehle (vgl. Anlage K 3). Die Beklagten wiederholten eine im Wesentlichen gleiche Mangelanzeige mit ihrem Schreiben vom 15.07.2016 (Anlage B 1). Die Klägerin wies die Mängelanzeige unter Verweis auf eine Stellungnahme der Privatsachverständigen Dipl.-Ing. C. P. vom 04.08.2016 (vgl. Anlage K 4) zurück. Danach seien die Konterlatten vom Dachdeckermeister W. der vorgenannten Nachunternehmerin vor Ort auf Sortierungsmerkmale S10 nach DIN 4074-1 eigenverantwortlich geprüft worden; dieser habe festgestellt, dass die Bauhölzer in Qualität und Abmessung den bauphysikalischen und bautechnischen Anforderungen entsprächen. Die Beklagten verhängten einen Baustopp zur Klärung dieser Streitfrage und be...