Leitsatz (amtlich)
Wasser ist aus mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen der Wasserversorgung bestimmungswidrig ausgetreten, wenn es in der Dusche am Fliesenspiegel herunterläuft und über den nicht versiegelten Fliesendurchgang der Duscharmaturen in die dahinter liegende Zwischenwand gelangt.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 15.09.2017; Aktenzeichen 11 O 114/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 15. September 2017 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.500 EUR zuzüglich Zinsen für das Jahr in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2016 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 EUR zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Falle der nachgewiesenen Reparatur, der Klägerin auch die auf die Reparaturkosten angefallene Mehrwertsteuer zu erstatten.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf die Gebührenstufe bis zu 9.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht nach einem Leitungswasserschaden Entschädigungsleistungen aus einer Wohngebäudeversicherung gegen die Beklagte geltend.
Die Klägerin unterhält für das von ihr bewohnte, S. 3 in H. gelegene Einfamilienhaus (Baujahr 2007) eine Wohngebäudeversicherung, die auch Leitungswasserschäden mit umfasst. In den zugrunde liegenden allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) heißt es wie folgt:
"§ 4 Versicherte Gefahren und Schäden
1. Entschädigt werden versicherte Sachen, die durch ...
b) Leitungswasser (§ 6) ...
zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines solchen Ereignisses abhanden kommen.
§ 6 Leitungswasser
1. Leitungswasser ist Wasser, das aus
a) Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung,
b) mit dem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder Schläuchen der Wasserversorgung
...
bestimmungswidrig ausgetreten ist.
§ 9 Nichtversicherte Sachen und Schäden
...
4. Der Versicherungsschutz gegen Leitungswasser erstreckt sich ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen nicht auf Schäden durch
a) Plansch- oder Reinigungswasser; ...".
Die Klägerin bemerkte in ihrem Haus im August 2016 Nässeschäden im Wandbereich zwischen Wohnzimmer und Bad und zeigte den Schaden bei der Beklagten an. Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Sch. stellte nach einem Ortstermin in seinem Gutachten vom 4. Dezember 2016 (Anlage K2, Bl. 18 - 26 d. A.) vor allem im Bereich der Trennwand zwischen Bad und Wohnraum massive Rostansätze am Metallständerwerk, Nässeschäden im Bereich der Dämmung, Stockflecken und Schimmelbildung an der Innenseite der Außenwand im Bereich des Wohnzimmers neben dem Bad fest. Schadensursächlich war Wasser, welches im Bereich der Dusche am Fliesenspiegel herunterlief und durch den nicht versiegelten Fliesendurchgang der Duscharmaturen in die dahinter liegende Zwischenwand gelangte.
Die Reparaturkosten schätzte der Sachverständige mit 7.500 EUR netto ein.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte nach den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen für den Schaden einstandspflichtig sei. Die Dusche werde als verbundene sonstige Einrichtung mit vom Versicherungsschutz umfasst. Das Austreten des Wassers aus dem Fliesenspiegel sei zudem bestimmungswidrig erfolgt. Zur Begründung ihrer Auffassung hat sie sich vor allem auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig vom 11. Juni 2015, 16 U 15/15, und ein Urteil des OLG Frankfurt vom 22. Dezember 2009,
7 U 196/07, berufen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2016 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,13 EUR zu zahlen sowie
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Falle der nachgewiesenen Reparatur, auch die auf die Reparaturkosten angefallene Mehrwertsteuer zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat in Abrede gestellt, nach den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen für den Schadensfall einstandspflichtig zu sein. Ganz gleich, ob man die Dusche als verbundene sonstige Einrichtung nach § 6 b) der VGB 88 verstehen wolle, gehöre der defekte Fliesenspiegel jedenfalls nicht mehr zu einer solchen Einrichtung. Das Wasser sei auch nicht bestimmungswidrig ausgetreten, sondern habe, was allein maßgeblich sei, den Duschkopf ordnungsgemäß verlassen. Im Übrigen greife ohnehin der in § 9 4.a) VGB 88 geregelte Risikoausschluss für "Plansch- oder Reinigungswasser".
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. September 2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Schadensfall habe mit dem versicherten Zu- oder Ableitungssystem sowie den dazugehörigen Einrichtungen nichts mehr zu tun, sondern sei ein Schaden, der schlicht bei der Nutzung von Wasser entstanden sei, wobei das schadensträc...