Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt
Verfahrensgang
AG Klötze (Urteil vom 28.05.1998; Aktenzeichen 4 F 69/95) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Schlußurteil des Amtsgerichts Klötze vom
Soweit die Kläger die Klage nicht zurückgenommen haben und über sie nicht durch das Teilanerkenntnisurteil des Amtsgerichts Klötze vom 15. April 1996 entschieden wurde, wird die Klage abgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Gerichtskosten und den erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Beklagten werden der Klägerin zu 1. 2/5, dem Kläger zu 2. 1/10 und dem Beklagten selbst 1/2 auferlegt, von den erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. dieser selbst und dem Beklagten jeweils 1/2 sowie von den erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2. diesem selbst 3/5 und dem Beklagten 2/5.
Die Kosten des zweiten Rechtszugs werden der Klägerin zu 1. auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Absatz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig.
Sie hat auch in der Sache Erfolg, da die Klägerin zu 1. nicht verlangen kann, daß der Beklagte einen Teil der Kosten ihres Aufenthaltes in Kanada trägt.
1. Die Übernahme von Kosten der Ausbildung des Unterhaltsberechtigten kann unabhängig davon, ob sie als laufender Bedarf oder als Sonderbedarf nach § 1613 Absatz 2 BGB geltend gemacht werden, nur verlangt werden, soweit der Unterhaltsberechtigte bedürftig und der Unterhaltsverpflichtete leistungsfähig ist. Die Anforderungen an diese Voraussetzungen reduzieren sich nicht dadurch, daß Kosten im Sinne des § 1613 Absatz 2 BGB unregelmäßig und außergewöhnlich hoch auftreten. Insbesondere müssen auch in diesem Fall die Kosten aus der Sicht eines objektiven Betrachters als notwendig erscheinen (BGH, NJW 1982, 328, 330; Kodal in Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., Rn. 208; Kalthoener/Büttner, Rechtssprechung zur Höhe des Unterhalts, 6. Aufl., Rn. 278). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, da die Kosten des Schüleraustausches den angemessenen Ausbildungsbedarf der Klägerin zu 1. überschreiten. Der Aufenthalt der Klägerin zu 1. in Kanada mag deren Ausbildung nützlich gewesen sein; die Finanzierung dieses Aufenthaltes wäre aber als überobligatorische Leistung einzuordnen, zu welcher der Beklagte nicht verpflichtet ist.
2. Soweit das Oberlandesgericht Karlsruhe in der von den Klägern zitierten Entscheidung aus dem Jahr 1988 (FamRZ 1988, 1091 f.) davon ausgegangen ist, daß sprachbegabte Schüler in der heutigen Zeit weitgehend durch Teilnahme an einem Schüleraustausch gefördert würden, hält der Senat diese Annahme insoweit für zutreffend, daß nicht erst seit wenigen Jahren in größerem Umfang der Schüleraustausch mit Schulen in Nordamerika praktiziert wird, als dies noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Der Senat teilt auch die Bewertung des Oberlandesgerichts Karlsruhe, daß die Teilnahme an einem Schüleraustausch im Regelfall nicht nur zur Förderung der Sprachkenntnisse der teilnehmenden Schüler förderlich ist. Allerdings beinhaltet jedenfalls ein halbjähriger Auslandsaufenthalt gerade für weniger leistungsstarke Schüler schon angesichts unterschiedlicher Lehrpläne durchaus auch Risiken, die möglicherweise das Bestehen in anderen Fächern gefährden können.
Unabhängig davon nimmt aber auch nach wie vor die deutlich überwiegende Mehrzahl der Gymnasiasten in den alten wie den neuen Bundesländern nicht an vergleichbaren längerfristigen Auslandsaufenthalten etwa in den USA, Kanada oder Australien teil, sondern allenfalls an mehrwöchigen Aufenthalten in Großbritannien oder Frankreich, die bezüglich der Kosten, des möglichen Nutzen und des Risikos für die teilnehmenden Schüler nicht vergleichbar sind. Auch stellt sich die Teilnahme an längeren und entsprechend kostenintensiveren Aufenthalten etwa in Nordamerika keinesfalls als notwendige Voraussetzung auch nur für das Erreichen einer Englischnote aus dem oberen Notenbereich dar. Ein halbjähriger Aufenthalt in Kanada mag daher zwar im Regelfall nützlich sein, ist aber nach wie vor weder üblich noch allgemein für eine sinnvolle Ausbildung erforderlich.
3. Sollte für die Klägerin zu 1. aufgrund besonderer Defizite das Bestehen der Abiturprüfung ohne Förderungsmaßnahmen erheblich gefährdet gewesen sein, konnte sie von dem Beklagten zu deren Beseitigung zwar in angemessenem Umfang und zeitlich begrenzt die Finanzierung von Nachhilfeunterricht verlangen. Bei erheblichen Begabungsdefiziten und erst recht dann, wenn Rückstände auf mangelnden Fleiß zurückzuführen gewesen sein sollten, mußte der Beklagte das Maß der Förderung aber nicht weit über das übliche Maß so lange steigern, bis die Defizite soweit ausgeglichen sind, daß das Bestehen der Abschlußprüfungen gewährleistet war. Entsprechen Begabung oder Fleiß nicht den schulischen Anforderungen, so muß vielmehr gegebenenfalls auch in Kauf genommen werden, daß der angestrebte Schulabschluß nicht erreicht wird.
4. Damit stel...