Leitsatz (amtlich)

1. Die Preise, die im Ergebnis des bestandskräftig abgeschlossenen Vergabeverfahrens für die Beseitigung von Ölspuren auf Fernstraßen in Sachsen-Anhalt betreffend den Zeitraum vom 1.10.2009 bis 31.12.2010 in einem Rahmenvertrag vereinbart sind, sind durch die Gerichte grundsätzlich nicht auf ihre wirtschaftliche Angemessenheit zu überprüfen.

2. Auch wenn schon bald darauf tiefgreifende Änderungen der Preisstruktur in dem Rahmenvertrag vereinbart werden, gelten in einem Schadensfall, zu dem es noch vor dem Wirksamwerden jener Änderungen kommt, die ursprünglich vereinbarten Preise.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 12.03.2015; Aktenzeichen 4 O 645/12)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung des klagenden Landes im Übrigen wird das am 12.3.2015 verkündete Einzelrichterurteil der 4. Zivilkammer des LG Halle teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst wie folgt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an das klagende Land 5.906,36 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.3.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen das klagende Land zu 3/10 und die Beklagten zu 7/10.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 8.227,38 EUR.

 

Gründe

I. Gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO wird auf die Darstellung des Tatbestandes verzichtet.

II. In der Sache hat die Berufung des klagenden Landes teilweise, die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung beruht zwar auf keinem Rechtsfehler (§§ 413 Abs. 1, 546 ZPO). Die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen allerdings teilweise eine abweichende Beurteilung.

A. Das klagende Land kann für die Beseitigung von Ölverunreinigungen wegen eines Verkehrsunfalls am 15.12.2009 im Bereich der Bundesstraße ... an der Kreuzung zur L .../Auffahrt zur Bundesautobahn ... durch die Ölwehr ... GbR (im folgenden Ölwehr) von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von weiteren 3.234,87 EUR, verlangen (§ 7 Abs. 1 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 S. 1 BGB; § 115 Abs. 1 VVG). Denn der von der Ölwehr gegenüber dem klagenden Land abgerechnete und den Beklagten weiter berechnete Betrag ist jedenfalls in Höhe von 5.838,81 EUR als zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes der verunreinigten Straße erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen, ebenso die geltend gemachten Kosten für eigene Mitarbeiter in Höhe von 67,55 EUR.

Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte statt der Herstellung gemäß § 249 Abs. 1 BGB den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Aufgrund der sich aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebenden Ersetzungsbefugnis hat er die freie Wahl der Mittel zur Schadensbehebung, wobei er grundsätzlich den Weg einschlagen darf, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Die Schadensrestitution ist dabei nicht auf die kostengünstigste Wiederherstellung der beschädigten Sache beschränkt; der Geschädigte muss nicht zugunsten des Schädigers sparen. Ihr Ziel ist vielmehr, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadensereignis entspricht (z.B. BGH, VersR 2013, 1544; VersR 2013, 1590; VersR 2011, 1070; BGHZ 132, 373; BGHZ 115, 364; OLG Düsseldorf, VRS 125, 193). Der Geschädigte kann jedoch nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (z.B. BGH, VersR 1970, 832; BGHZ 54, 82; BGH, VersR 2007, 560; VersR 2008, 1706; VersR 2011, 769; VersR 2011, 1070; VersR 2013, 515; VersR 2013, 1544). Dieses Wirtschaftlichkeitsgebot gebietet es, den Schaden auf die Weise zu beheben, die sich in der individuellen Lage des Geschädigten, d.h. nach seinen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger gerade für ihn bestehender Schwierigkeiten, als die wirtschaftlich vernünftigste darstellt, um sein Vermögen in Bezug auf den beschädigten Bestandteil in einen dem früheren gleichwertigen Zustand zu versetzen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung; z.B. BGHZ 63, 182; BGHZ 115, 375; BGH, VersR 2013, 1544; VersR 2013, 1590). Verursacht von mehreren zu einem Schadensausgleich führenden zumutbaren Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt. Nur der für die günstigere Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich (z.B. BGHZ 160, 377; BGH, VersR 2011, 1070; VersR 2013, 1544; VersR 2013, 1590).

Nach diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen steht fest, dass das klagende Land die an die Ölwehr für die Schadensbehebu...

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