Leitsatz (amtlich)
Im Schadensersatzprozess hat grundsätzlich keine Kontrolle der wirtschaftlichen Angemessenheit der in einer Rahmenvereinbarung über die Beseitigung von Ölspuren auf Fernstraßen festgelegten Preise stattzufinden, wenn sich diese an die Preise anlehnen, die im Ergebnis eines bestandskräftig abgeschlossenen Vergabeverfahrens für eine benachbarte Gebietskörperschaft (hier Landkreis) vereinbart worden sind.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 16.12.2015; Aktenzeichen 21 O 239/13) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufungen des Klägers und der Streithelfer im Übrigen wird das am 16.12.2015 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Stendal teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst wie folgt:
Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner 1.259,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 4/5 und die Beklagten zu 1/5. In diesem Umfang tragen die Beklagten auch die Kosten der Nebenintervention.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 5.129,04 EUR.
Gründe
I. Gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO wird auf die Darstellung des Tatbestandes verzichtet.
II. Die Berufungen des klagenden Landes und der Streithelferin haben in der Sache zum Teil Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung beruht zwar auf keinem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), allerdings rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen teilweise eine abweichende Beurteilung.
Das klagende Land kann für die Beseitigung von Ölverunreinigungen wegen einer Havarie eines landwirtschaftlichen Fahrzeuges am 27.7.2010 gegen 9.09 Uhr auf der Landesstraße ... im Bereich der Ortslage A. durch die Ölwehr ... GbR (im folgenden Ölwehr) von den Beklagten restlichen Schadensersatz aus § 7 Abs. 1 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 S. 1 BGB in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG als Gesamtschuldner (§ 115 Abs. 1 S. 4 VVG) in Höhe von 1.259,60 EUR (1.131,75 EUR zusätzlich zu den erstinstanzlich zuerkannten 127,85 EUR) verlangen. Der von der Ölwehr gegenüber dem klagenden Land abgerechnete und den Beklagten weiter berechnete Betrag ist jedenfalls in Höhe von 3.128,26 EUR (wovon 1.868,66 EUR bereits ausgeglichen sind) als zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes der verunreinigten Straße erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen.
Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte statt der Herstellung gemäß § 249 Abs. 1 BGB den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Aufgrund der sich aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebenden Ersetzungsbefugnis hat er die freie Wahl der Mittel zur Schadensbehebung, wobei er grundsätzlich den Weg einschlagen darf, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint. Die Schadensrestitution ist dabei nicht auf die kostengünstigste Wiederherstellung der beschädigten Sache beschränkt; der Geschädigte muss nicht zugunsten des Schädigers sparen. Ihr Ziel ist vielmehr, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne Schadensereignis entspricht (z.B. BGH, VersR 2013, 1544; VersR 2013, 1590; VersR 2011, 1070; BGHZ 132, 373; BGHZ 115, 364; OLG Düsseldorf, VRS 125, 193). Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (z.B. BGH, VersR 1970, 832; BGHZ 54, 82; BGH, VersR 2007, 560; VersR 2008, 1706; VersR 2011, 769; VersR 2011, 1070; VersR 2013, 515; VersR 2013, 1544). Dieses Wirtschaftlichkeitsgebot gebietet dem Geschädigten, den Schaden auf diejenige Weise zu beheben, die sich in seiner individuellen Lage, d.h. angesichts seiner Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger gerade für ihn bestehender Schwierigkeiten, als die wirtschaftlich vernünftigste darstellt, um sein Vermögen in Bezug auf den beschädigten Bestandteil in einen dem früheren gleichwertigen Zustand zu versetzen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung; z.B. BGHZ 63, 182; BGHZ 115, 375; BGH, VersR 2013, 1544; VersR 2013, 1590). Verursacht von mehreren zu einem Schadensausgleich führenden zumutbaren Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt. Nur der für die günstigere Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich (z.B. BGHZ 160, 377; BGH, VersR 2011, 1070; VersR 2013, 1544; VersR 2013, 1590).
Nach diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen steht fest, dass das klagende Land die an die Ölwehr für die Schadensbehebung gezahlte Vergütung in einem größeren Maße ...