Leitsatz (amtlich)

Das Erlöschen der Rückgabepflicht des Mieters durch Aufgabe des Besitzes an der Mietsache verlangt keine Übergabe der Schlüssel an den Vermieter. Der Mieter muss sich nur auch der Schlüssel entledigen, wofür er die Darlegungs- und Beweislast trägt.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 30.01.2018; Aktenzeichen 31 O 106/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.01.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil und dieses Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 157.495,02 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Zwischen den Parteien bestand nach Veräußerung des Mietobjektes an die Beklagte ein gewerbliches Mietverhältnis über Räume auf dem Grundstück B. in G. (vgl. Gewerberaummietvertrag nebst Erster Nachtrag - Anlagen K1, K2). Die Klägerin zahlte in diesem Zusammenhang eine Kaution von 157.495,02 Euro. Nach dem Mietvertrag vom 18.11.2014 dient die Kaution auch der Deckung von Ansprüchen der Vermieterseite aus der Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses. Das Mietverhältnis endete auf Grund fristgerechter Kündigung der Klägerin am 31.05.2016. Kurz vor Ende der Mietzeit kam es zwischen den Parteien zu Gesprächen bzw. zu schriftlichen Äußerungen der Klägerin mit dem Ziel der Vereinbarung eines Übergabetermins. Es gelang nicht, sich auf einen Zeitpunkt zu verständigen. Schließlich bat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 26.05.2016 (eingegangen am 27.05.2016), mit ihr die Übergabe des Mietobjektes am 30., 31.05. oder am 01.06.2016 durchzuführen (Anlage K11). Die Klägerin setzte der Beklagten eine Frist zur Übergabe bis zum 04.06.2016 und erklärte, nach fruchtlosem Fristablauf den Besitz an den Mieträumen aufzugeben und die Schlüssel (lt. Liste) der Beklagten durch Kurier zukommen zu lassen. Eine Antwort der Beklagten erfolgte nicht. Vielmehr teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 06.06.2016 die Besitzaufgabe und die Übergabe der Schlüssel an das von der Beklagten beauftragte Bewachungsunternehmen E. vor Ort mit.

Mit der Klage verlangt die Klägerin die Rückzahlung der Kaution.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mangels Rückgabe der Mietsache sei die Kaution nicht zur Rückzahlung fällig, denn die Beklagte habe einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe der vereinbarten Miete. Mit diesem Anspruch hat die Beklagte die Aufrechnung erklärt.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 30.01.2018, auf das wegen der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, zur Rückzahlung der Kaution nebst Rechtshängigkeitszinsen an die Klägerin verurteilt und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, der Mietgegenstand werde der Beklagten nicht vorenthalten, nachdem die Klägerin ausgezogen sei und die Schlüssel an die Fa. E. übergeben habe.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Da sich die Parteien nicht auf einen Rückgabetermin hätten einigen können, habe sie sich auf die von der Klägerin angekündigte Übersendung der Schlüssel verlassen. Schon in erster Instanz habe sie die Übergabe der Schlüssel an die Fa. E., der jede Empfangszuständigkeit gefehlt habe, mit Nichtwissen bestritten. Danach sei nach wie vor keine Rückgabe der Mietsache erfolgt und die Beklagte sei von der Klägerin zu entschädigen. In Annahmeverzug habe sich die Beklagte nicht befunden.

Die Beklagte beantragt,

das am 30.01.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, wonach sie die Schlüssel der Fa. E. übergeben habe, die als Besitzdienerin der Beklagten zu betrachten sei. Außerdem habe die Klägerin das Objekt berechtigterweise aufgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen. Der Senat hat durch Vernehmung der Zeugen P. H. und B. L. Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2018 verwiesen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht auf keiner Rechtsverletzung i.S.v. § 513 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Klägerin ein fälliger Anspruch auf Rückzahlung der in Höhe von insgesamt 157.495,02 Euro geleisteten Mietsicherheit zusteht.

Mit der Zahlung der Kaution erwirbt der Mieter einen aufschiebend bedingten Rückzahlungsanspruch gegen den Vermieter. Die Bedingung tritt ei...

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