Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehescheidungsverbundverfahren: Voraussetzungen für die Abtrennung des Zugewinnausgleichsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Es fehlt an einer außergewöhnlichen Verzögerung, wenn die Folgesache (hier: Zugewinn) im Wesentlichen zeitgleich mit der Ehesache entscheidungsreif ist, dies insbesondere, wenn evtl. Einwände bei einer Verfahrensförderung von Amts wegen rechtzeitig hätten erledigt sein können.
Wer eine Folgesache im Verbund geltend macht, kann sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass die Scheidung dadurch hinausgezögert wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Antragsteller selber durch sein dilatorisches Verhalten zu einer nicht unbeträchtlichen Verzögerung des Scheidungsverbundverfahrens beigetragen hat.
Normenkette
ZPO §§ 301, 628 S. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
AG Wernigerode (Urteil vom 02.10.2008; Aktenzeichen 11 F 1142/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG Wernigerode vom 2.10.2008 - 11 F 1142/03 S, und das ihm zugrunde liegende Verfahren aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Folgesache des Zugewinnausgleichs, an das AG - FamG - Wernigerode zurückverwiesen.
III. Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.
und beschlossen:
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 5.779 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i.V.m. den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 46 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 3 Satz 1, 49 Nr. 1 GKG).
Gründe
I. Die Parteien haben am 23.7.1987 die Ehe geschlossen, aus der zwei Kinder, I., geboren am 17.11.1990, und A., geboren am 5.3.2002, hervorgegangen sind.
Seit Mai 2002 leben die Parteien voneinander getrennt. Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 23.6.2003 zugestellt.
In einem Parallelverfahren zur Scheidung hat der Antragsteller erfolglos die von ihm bezweifelte Ehelichkeit des jüngeren Sohnes angefochten.
Im Rahmen des Scheidungsverbunds wurden diverse Folgesachen seitens der Parteien anhängig gemacht. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz am 18.9.2008 war nur noch zu befinden über einen im Wege der Stufenklage verfolgten Antrag des Ehemannes auf Zugewinnausgleich, der mit Schriftsatz vom 19.12.2005 (Bl. 175 ff. Bd. I d.A.) auf 98.945,17 EUR beziffert worden war und hinsichtlich dessen seit dem 25.7.2008 ein schriftliches Sachverständigengutachten (Bl. 125 ff. Bd. II d.A.) vorliegt, gegen welches der Antragsteller Einwendungen erhoben hat.
Durch Urteil des AG Wernigerode vom 2.10.2008 (Bl. 33 - 38 Bd. III d.A.) ist die Ehe der Parteien geschieden, der Versorgungsausgleich durchgeführt und das Verfahren auf Zugewinnausgleich entsprechend dem Antrag des Ehemannes, der eine erhebliche gesundheitliche Belastung infolge der langen Verfahrensdauer ins Feld geführt hatte, abgetrennt worden. Zwar sei möglicherweise auch dieses Folgeverfahren in Bälde entscheidungsreif, so die Begründung des AG, gleichwohl sei ungeachtet dessen unter Berücksichtigung der über sechsjährigen Trennungszeit der Parteien, der übereinstimmenden Scheidungsbegehren sowie der Verfahrensdauer von ca. 5 ½ Jahren eine Abtrennung mittlerweile gerechtfertigt.
Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die moniert, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abtrennung der Folgesache hätten nicht vorgelegen. Vielmehr sei es gerade der Antragsteller gewesen, der seit der Trennung im Mai 2002 das Scheidungsverbundverfahren systematisch durch eine Vielzahl von prozessualen Maßnahmen und Unterlassungen verzögert und unnötig in die Länge gezogen habe.
Im Übrigen wird unter ergänzender Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die Schriftsätze der Parteien im Berufungsrechtszug gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO und § 26 Nr. 9 Satz 1 EGZPO von einer weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes Abstand genommen.
II. Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des AG Wernigerode vom 2.10.2008 ist auch in der Sache begründet.
Das unter Abtrennung der Folgesache zum Zugewinnausgleich ergangene Scheidungsverbundurteil stellt ein unzulässigerweise entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO i.V.m. § 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO ergangenes Teilurteil dar. Aufgrund der Berufung der Antragsgegnerin - die nur mittels eines Rechtsmittel gegen den Scheidungsausspruch die unzulässige Abtrennung der Folgesache aus dem Scheidungsverbund anfechten konnte (BGH, FamRZ 1996, 1070 [1071]; Philippi, in Zöller, 27. Aufl. 2009, § 628 Rz. 13) - war daher antragsgemäß nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO wie auch von Amts wegen nach § 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO das angefochtene Urteil nebst zugrunde liegendem Verfahren aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung, auch unter Einbeziehung des zu Unrecht abgetrennten Verfahrens zum Zugewinnausgleich, an das AG zurückzuverweisen.
Nach § 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO, mit welcher insoweit allein diskutablen Vorsc...