Leitsatz (amtlich)
1. Die rechtliche Einordnung von Projektsteuerungsverträgen hängt von den im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen ab. Es kommt darauf an, wo der Schwerpunkt der vom Projektsteuerer übernommenen Aufgaben liegt.
2. Übernimmt der Projektsteuerer Verpflichtungen im Sinne eines Generalmanagements bzw. einer Qualitätskontrolle, so spricht dies für eine Einordnung unter werkvertraglichen Gesichtspunkten, da die erfolgsorientierten Aufgaben überwiegen.
3. Wegen der Vielschichtigkeit der vom Projektsteuerer übernommenen Aufgaben muss im Einzelfall geprüft werden, ob sich der Projektsteuerer bei seiner rechtsberatenden und rechtsbesorgenden Tätigkeit noch im erlaubten Rahmen des Rechtsberatungsgesetzes bewegt.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Entscheidung vom 06.07.2007; Aktenzeichen 4 O 603/03) |
Tenor
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG
IM NAMEN DES VOLKES
U R T E I L
10 U 64/07 OLG Naumburg
4 O 603/03 LG Halle
Verkündet am: 14.03.2008
In dem Rechtsstreit
...
hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, den Richter am Oberlandesgericht Handke und die Richterin am Oberlandesgericht Göbel auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2008
für R e c h t erkannt:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 06. Juli 2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle teilweise abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Testaterklärung gemäß der Anlage "Sammeltestat zum Werkvertrag / Stundungsvereinbarung und Forderungskaufvertrag vom 21. April 1999" in Höhe eines zu zahlenden Betrages von 638.486,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 86.643,54 Euro seit dem 10. Januar 2003 bis zum 04. Januar 2007, aus 200.219,63 Euro seit dem 30. Juli 2003 bis zum 04. Januar 2007, aus 133.876,90 Euro seit dem 30. Oktober 2003 bis zum 04. Januar 2007, aus 75.474,25 Euro seit dem 31. Januar 2004 bis zum 04. Januar 2007, aus 38.361,67 Euro seit dem 30. April 2004 bis zum 04. Januar 2007 und aus 103.910,73 Euro seit dem 30. Juli 2004 bis zum 04. Januar 2007 und aus 638.486,72 Euro seit dem 14. Februar 2007 zu erteilen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 72.384,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 28.953,96 Euro seit dem 31. August 2003 bis zum 04. Januar 2007, aus 28.953,96 Euro seit dem 30. Oktober 2003 bis zum 04. Januar 2007 und aus 14.476,80 Euro seit dem 30. November 2003 bis zum 04. Januar 2007 und aus 72.384,- Euro seit dem 14. Februar 2007 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten werden zurück gewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreites hat der Beklagte zu tragen.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 130 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
VI. Die Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000,- Euro.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Zahlung restlichen Honorars für Projektsteuerungsleistungen an dem Bauvorhaben "Sanierung und Erweiterung des Universitätsklinikums K." in Anspruch.
Mit Ingenieurvertrag Projektsteuerung vom 16./20. April 1999 übertrug das beklagte Land der Klägerin die Projektsteuerung für die Erweiterung des Klinikums K. und die Sanierung des Komplements 3. BA sowie die übergeordnete Schnittstellenkoordination. Die Klägerin verpflichtete sich gemäß Anlage 2 des Vertrages für die Leistungsphase der Ausführungsvorbereitung (Ziffer 2.2.), d. h., die Ausarbeitung von Ausführungsunterlagen und die Vorbereitung der Vergabe, für den Abschnitt Ausführung der Bau- und Lieferleistungen und Übergabe (Ziffer 3.1) sowie die Erarbeitung der Rechnungslegung (Kostenfeststellung, Ziffer 3.2) zur Durchführung eines Qualitätsmanagements, einer Terminkoordination und Organisations- und Koordinationsmanagements sowie zum Kostencontrolling; der Vertrag umfasste gemäß Anlage 2 a ferner die Schnittstellenkoordination und -steuerung. In § 6 des Projektsteuerungsvertrages war bestimmt, dass die Klägerin als Projektsteuerin die Funktionen des Bauherrn wahrnimmt, während das Staatshochbauamt H. mit der Erledigung von Einzelbaumaßnahmen an dem Standort K. beauftragt war und dessen Leiter den Bauherrn im Regelfall vertreten sollte. In § 4 des Vertrages vereinbarten die Parteien - auf der Basis von anrechenbaren Programmkosten in Höhe von 305 Millionen DM - eine Pauschalvergütung entsprechend Anlage 3 zum Vertrag. Die Klägerin war hierbei berechtigt, Nebenkosten in Höhe von 4 % des Nettohonorars geltend zu machen. Die Umsatzsteuer sollte jeweils gesondert ausgewiesen werden.
In das Vertragsverhältnis der Parteien waren die allgemeinen Vertragsbedingungen des Beklagten (Anlage 1) einbezogen.
Wegen der Einz...