Leitsatz (amtlich)

Die Insolvenz des einfachen Streithelfers führt selbst dann zu keiner Verfahrensunterbrechung, wenn auch er Berufung eingelegt hat.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 07.09.2001; Aktenzeichen 4 O 526/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau vom 7.9.2001, Geschäftszeichen: 4 O 526/98, zu Ziff. 1 Buchst. a) teilweise abgeändert und in diesem Punkt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, am Bauobjekt Autohaus M. mit Gebrauchtwagenhalle, St. Straße 48 a, W., die innen liegende Dachrinne im Bereich der Ausstellungshalle, der Werkstatt, der Büro- und Geschäftsräume Zug um Zug gegen Vorlage einer Mängelbeseitigungsplanung und Sicherheitsleistung i.H.v. 10.737,13 Euro durch die Klägerin so herzustellen und abzudichten, dass in die Ausstellungshalle, die Werkstatt sowie die Büro- und Geschäftsräume kein Wasser eindringt.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten der Nebenintervention im ersten Rechtszug tragen die Streithelferin der Beklagten und die Klägerin je die Hälfte. Die Kosten der Berufung einschließlich der Nebenintervention zweiter Instanz werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert der Berufung wird auf 27.000 DM festgesetzt.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 S. 1, Nr. 7 S. 1, Nr. 8 EGZPO und §§ 543 Abs. 1, 544 ZPO abgesehen.

 

Gründe

I. Auf das Rechtsmittel der Beklagten sind weiterhin die am 31.12.2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden, weil die angefochtene Entscheidung auf eine vor dem 1.1.2002 geschlossene mündliche Verhandlung zurückgeht (§ 26 Nr. 5 S. 1 EGZPO). Die danach zulässige Berufung der Beklagten hat mit ihrem, auf die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gegen die im Urteil des LG ausgesprochene Nachbesserungsverpflichtung an der innen liegenden Dachrinne beschränkten Rechtsschutzziel Erfolg (2.), ohne dass die zwischenzeitliche Insolvenz ihrer Streithelferin der abschließenden Entscheidung in der Sache ganz oder teilweise entgegen stünde (1.).

1. Die Insolvenz der Streithelferin hat auf das Berufungsverfahren keinen Einfluss. Haben Hauptpartei und Nebenintervenient (vgl. §§ 72 Abs. 1, 74 Abs. 1, 66, 67 ZPO) Berufung eingelegt, so handelt es sich i.d.R. um ein einheitliches Rechtsmittel, wenn die Berufungsanträge übereinstimmen. Ist der Streithelfer in der Lage, einen weiter gehenden Antrag zu formulieren, lägen unter Umständen zwei Rechtsmittel vor (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rz. 5). In Widerspruch zur Hauptpartei darf sich der Nebenintervenient allerdings nicht setzen. Er kann nicht über das Rechtsschutzziel der Hauptpartei hinausgehen, wenn sich deren entgegen stehender Wille feststellen lässt (§ 67 ZPO). Davon ist hier auszugehen, da die Beklagte nur einen eingeschränkten Berufungsantrag stellt. Damit bringt sie zum Ausdruck, das angefochtene Urteil des LG im Übrigen zu akzeptieren.

Handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel, kann der Insolvenz des Nebenintervenienten kein prozessuales Gewicht beigemessen werden. Normalerweise wird durch die Insolvenz einer Partei der Rechtsstreit unterbrochen (§ 240 S. 1 ZPO). Der einfache Streithelfer ist aber nicht Prozesspartei (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 240 Rz. 9). Seine Insolvenz führt deshalb zu keiner Unterbrechung des Rechtsstreits (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rz. 3). Dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Streithelfers wird demgegenüber aber eine der Unterbrechung gleich kommende Bedeutung zugeschrieben, weil der Streithelfer nicht mehr i.S.v. § 71 Abs. 3 ZPO beteiligt werden könne (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 240 Rz. 9; § 67 Rz. 5). Bezogen auf den Streithelfer soll eine Unterbrechung eintreten (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz. 7). Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Führt nur die Insolvenz einer Hauptpartei zur Unterbrechung, bleibt der Rechtsstreit konsequenterweise hiervon unterberührt und liegt nur ein einheitliches Rechtsmittel vor, dann muss die Insolvenz des Streithelfers ohne jede Bedeutung für das weitere Berufungsverfahren bleiben. Die Sache wird ohne den Streithelfer fortgesetzt und entschieden. Sein Verwalter benötigt keine Zeit zur Überlegung, weil die Masse durch den Rechtsstreit nicht betroffen ist. Er ist zum Termin zu laden (§ 71 Abs. 3 ZPO). Beteiligt er sich nicht, ergeht ein Endurteil (BGH, Beschl. v. 27.1.2000 – I ZR 159/99).

2. Für die materiell-rechtliche Beurteilung des Rechtsstreits kommt es auf die am 31.12.2001 geltenden Vorschriften an, weil das Vertragsverhältnis der Parteien vor dem 1.1.2002 begründet wurde (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).

Im Berufungsrechtszug geht es lediglich um die innen liegende Dachrinne. Das LG hat die Beklagte in diesem Punkt nachbesserungspflichtig gesehen (...

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