Leitsatz (amtlich)
Während im Versicherungsrecht nach h.M. bei der Frage der Eintrittspflicht des Versicherers dieser lediglich die objektive Obliegenheitsverletzung und der Versicherungsnehmer gem. § 6 Abs. 3 VVG sodann beweisen muss, dass er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat (vgl. Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 6 Rz. 124), trifft im Rückforderungsprozess die Versicherung die Beweislast für das Fehlen des Rechtsgrundes i.S.v. § 812 BGB (vgl. Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 6 Rz. 127 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Aus § 6 Abs. 3 VVG lässt sich nichts anderes herleiten. Die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG ändert nichts daran, dass das relevante Verschulden (Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit) Tatbestandsvoraussetzung für die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit ist; der Bereicherungsgläubiger hat daher grundsätzlich zu beweisen, dass der Bereicherungsschuldner vorsätzlich gehandelt hat, aus dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 VVG ergibt sich keine von diesem Grundsatz abweichende Beweislastverteilung (BGH v. 14.12.1994 – IV ZR 304/93, MDR 1995, 359 = VersR 1995, 281 [282]).
Verfahrensgang
LG Dessau (Urteil vom 23.05.2003; Aktenzeichen 4 O 1536/02) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 23.5.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Parteien übersteigt 20.000 Euro nicht. Der Streitwert für den Berufungsrechtsstreit wird auf 10.044,84 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 ZPO in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung erbrachter Versicherungsleistungen in Anspruch.
Der Beklagte unterhielt bei der Klägerin eine Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung, welcher die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AERB 87) zu Grunde lagen. Am 24.11.2001 wurde in die Geschäftsräume des Beklagten eingebrochen. Während der Besichtigung des Tatorts gab der Beklagte ggü. der Polizei an, es seien nach erstem Überblick aus der Kasse 300 DM sowie Reinigungsmittel und Neonröhren entwendet worden; den Sachschaden bezifferte er ggü. der Polizei auf ca. 15.000 DM und kündigte an, eine Schadensliste nachzureichen.
Der Beklagte zeigte den Vorfall der Klägerin am 27.11.2001 an und übersandte ihr am 28.11.2001 per Fax eine Liste mit den gestohlenen Gegenständen. Am 18.12.2001 überprüfte ein Schadensregulierer der Klägerin vor Ort den Schadensumfang und legte gemeinsam mit dem Beklagten anhand der vorgelegten Liste die Schadensbeträge genauer fest. Insgesamt wurde eine Summe von 19.645,70 DM (= 10.044,69 Euro) ermittelt. Diesen Betrag (unstreitig gar 10.044,84 Euro) zahlte die Klägerin sodann auch an den Beklagten aus. Am 11.1.2002 bat der Beklagte die Klägerin um Übersendung der Schadensaufstellung; ebenso forderte das den Beklagten betreuende Maklerbüro diese Liste unter dem 21.2.2002 bei der Klägerin mit dem Bemerken an, man benötige sie zur Vorlage bei der Polizei. Die Klägerin kam dem nach und übersandte dem Beklagten die Liste am 23.1.2002 per Fax und dem Maklerbüro am 25.2.2002.
Nach Einsicht in die Ermittlungsakten forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 7.8.2002 zur Rückzahlung der Versicherungsleistung (19.645,70 DM) auf, was dieser am 23.8.2002 ablehnte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe die ihn nach den Versicherungsbedingungen treffende Obliegenheit zur unverzüglichen Vorlage einer Stehlgutliste ggü. der Polizei verletzt. In der Ermittlungsakte befinde sich, was unstr. ist, lediglich die Liste, welche sie dem Beklagten unter dem 23.1.2002 zugefaxt habe. Hieraus ergebe sich, dass der Beklagte erst nach diesem Zeitpunkt und damit nicht unverzüglich seiner Vorlagepflicht ggü. der Polizei nachgekommen sei. Zudem habe der Beklagte wiederholt falsche Angaben gemacht. So habe er den Schaden ggü. der Polizei als gering, ihr ggü. jedoch als erheblich dargestellt und sie zudem wiederholt glauben machen wollen, er habe der Polizei bereits frühzeitig eine Stehlgutliste übersandt. Auf Grund dieser Obliegenheitsverletzungen sei sie leistungsfrei geworden, sodass ihre Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt sei.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.044,84 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 7.8.2002 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, er habe bereits am 27.11.2001 eine Stehlgutliste per Telefax an die Polizei übersandt. Er habe dann später die von der Klägerin geführte Liste ebenfalls noch der Polizei vorgelegt, weil darin ggü. der ursprünglichen Liste Änderungen vorgenommen worden seien. Dies habe für die polizeiliche Ermittlungstätigkeit jedoch keinerlei Bedeutung mehr gehabt.
Das LG hat zur Übersendung der Stehlgutliste am 27.11.2001 Zeugenbeweis erhoben und zudem die amtlichen Ermittlungsa...