Leitsatz (amtlich)
Gegen das Policenmodell als solches bestehen keine europarechtlichen Bedenken, weshalb bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nach Ablauf der Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. von vierzehn Tagen ein Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers ausscheidet.
Verfahrensgang
LG Dessau-Roßlau (Urteil vom 04.05.2011; Aktenzeichen 4 O 646/11) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.5.2011 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau, Az.: 4 O 646/11, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau vom 4.5.2011 - 4 O 646/11, ist ebenfalls ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte nach erklärtem Widerspruch und Widerruf nebst vorsorglicher Anfechtung eines Rentenversicherungsvertrages auf Zahlung eines Betrages von 15.013,03 EUR unter dem Aspekt der ungerechtfertigten Bereicherung, hilfsweise gestützt auf Schadensersatz wegen eines der Beklagten angeblich zur Last fallenden Beratungsverschuldens in Anspruch.
Am 14.12.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten den Abschluss einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht im Todes- und Erlebensfall, wobei sich auf dem Antragsformular über dem Unterschriftsfeld des Versicherungsnehmers ein Hinweis auf dessen Widerspruchsrecht befindet (Bl. 64 - 66 Anlagenband).
Die Beklagte hat den Antrag mit Schreiben vom 6.1.2004 unter Beifügung von Versicherungsunterlagen angenommen, wobei zwischen den Parteien umstritten ist, ob daneben noch ein Anschreiben, wie die Beklagte behauptet hat, beilag (Bl. 81, 82 Anlagenband). Unstreitig erhielt die Klägerin hingegen den mit einer Widerspruchsbelehrung versehenen Versicherungsschein und die weiteren in dem Anschreiben genannten Unterlagen (Bl. 64 - 80 Anlagenband).
Nachdem der Vertrag auf Wunsch der Klägerin zunächst ab 1.2.2010 beitragsfrei gestellt worden war (Bl. 84 - 88 Anlagenband), erklärte diese mit Schreiben vom 30.6.2010 (Bl. 5 - 6 Anlagenband) den Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. bzw. den Widerspruch nach § 8 VVG, bzw. den Widerruf nach § 355 BGB (,) höchst vorsorglich die Anfechtung nach § 119 I BGB, hilfsweise die Kündigung. Daraufhin bestätigte die Beklagte mit Schreiben vom 9.7.2010 eine Kündigung des Versicherungsvertrages und zahlte einen errechneten Rückkaufswert von 18.080,- EUR an die Klägerin aus, die mit weiterem Schreiben vom 4.10.2010 (Bl. 7 - 8 Anlagenband) ihren bereits zuvor erklärten Widerspruch bzw. Widerruf erneuerte und weitere Auskunft über gezahlte Beiträge begehrte.
Mit der Klage macht die Klägerin nunmehr auf der Grundlage eines ihres Erachtens nach § 818 Abs. 1 BGB i.V.m. § 287 ZPO gerechtfertigten Zinssatzes von 7 % jährlich auf die jeweils monatlich erbrachten Prämienzahlungen einen Betrag von insgesamt 15.013,93 EUR geltend, der sich wie folgt zusammensetzt (Bl. 5, Bd. I d.A.):
Rückzahlung aller geleisteten Versicherungsprämien i.H.v. 25.290,88 EUR
+ Zinsen jeweils 7 % p.a. (vgl. Anlage A 5, Bl. 9 - 10 Anlagenband) |
+ 7.210,88 EUR |
./. Rückkaufswert |
-18.080,- EUR |
= Klageforderung |
15.013,93 EUR |
Daneben begehrt sie die Erstattung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.943,- EUR.
Die Klägerin hat gemeint und meint nach wie vor, eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung der geleisteten Prämien ergebe sich unter dem Gesichtspunkt einer ungefertigten Bereicherung. Sie sei nämlich weiterhin berechtigt, dem Rentenversicherungsvertrag gem. § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. widersprechen zu können, da die Widerspruchsfrist mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht zu laufen begonnen habe. So sei die enthaltene Widerspruchsbelehrung nicht nur drucktechnisch unzureichend hervorgerufen, sondern zudem auch inhaltlich zu beanstanden, da aus ihr nicht hervorgehe, was mit einem Widersprechen in Textform gemeint sei und die in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. geregelte Höchstfrist keine Erwähnung finde. Daneben entspräche aber auch die beigefügte Verbraucherinformation nicht den Anforderungen des § 10a VAG, wie sie sich aus Abschnitt 1 der Anlage D zum VAG ergäben.
Auf die Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. könne sich die Beklagte hingegen nicht berufen, da die Vorschrift europarechtswidrig sei und deshalb zu keiner Beschränkung des Widerspruchsrechts führen könne. Zumindest sei das Verfahren im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BGH v. 28.3.2012 - IV ZR 76/11 (zitiert nach juris), bis zu einer Entscheidung des EuGH hierüber auszusetzen. Ungeachtet dessen sei, so die weitere Argumentation der Klägerin, das gesamte dem § 5a VVG a.F. zugrunde liegende Policenmodell europarechtswidrig, weshalb ihr ganz gleich, ob die Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. vorliegen sollten oder nicht, in jedem Fall ein zeitlich unbegrenztes Widerspruchsrecht zuzubilligen sei.
Daneben lasse sich ihr Klage...