Leitsatz (amtlich)
1. Erfordert aber das Wohl der Allgemeinheit den Rechtsverlust am Eigentum, so sind die rechtlichen Mittel, Verkauf des Grundstücks gegen einen angemessenen Kaufpreis und Enteignung gegen eine angemessene Entschädigung, nicht wesentlich unterschiedlich. Dementsprechend ist ein angemessenes Kaufpreisangebot keine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Enteignung.
2. Auch wenn der Bund die Enteignung von Grundstücken zur Errichtung, Verbesserung oder Erweiterung von Autobahnnebenbetrieben betreibt, nimmt er damit Gemeinwohlaufgaben i.S.v. Art. 14 GG wahr.
3. Übertragen die Länder die Aufgabe der Verwaltung der Bundesstraßen des Fernverkehrs, für einzelne Vorhaben gem. § 15 Abs. 2 FStrG auf Dritte, so bleibt sie auch in deren „Hand” eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung. Die Übertragung kann sich daher sich nur als ein Akt (bloßer) „Organisationsprivatisierung” oder „formeller Privatisierung” darstellen. Der Dritte, dem die Verpachtung des übertragenen Betriebes an eine andere Person vom Gesetz nicht untersagt wird, handelt somit „verwaltungsprivatrechtlich.”
4. Bei der Ermittlung der Enteignungsentschädigung sind planbedingte Wertsteigerungen nicht zu berücksichtigen; alle Weiterentwicklungen und Wertverbesserungen, die sich ohne den Eingriff bei dem betroffenen Objekt eingestellt hätten, müssen unberücksichtigt bleiben.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 06.04.2001; Aktenzeichen 14 O 267/99) |
Tenor
Die Berufung der Beteiligten zu 1) gegen das am 6.4.2001 verkündete Urteil der Kammer für Baulandsachen des LG Dessau wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beteiligten zu 1) als Gesamtschuldner. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beteiligten zu 1) können die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Beteiligten zu 1) nicht Sicherheit vor der Vollstreckung leisten.
Die Revision wird im Hinblick auf das Enteignungsverfahren nicht zugelassen.
Hinsichtlich des Besitzeinweisungsverfahrens ist sie nicht statthaft.
Der Streitwert für das Berufungsverfahrens beträgt 2093.340,0. DM
Tatbestand
Die Beteiligten zu 1) sind Eigentümer verschiedener Grundstücke (Gemarkung G., Flur 9, Flurstück 8/17 [Teilfläche von 3.583 m² und 201 m²]; Flurstück 8/19 [Teilfläche von 5.792 m² und 343 m²]; Flurstück 8/25 [Teilfläche von 1.686 m² und 911 m²] Flurstück 8/22 [Teilfläche von 3.655 m² und 1.868 m²] Flurstück 9/17 [Teilfläche von 4. 532 m² und 407 m²] Flurstück 5/8 [Teilfläche von 142 m²], Flurstück 9/27 [Teilfläche von 5.684 m², 2.879 m² und 166 m²] Flurstück 5/6 [Teilfläche von 59 m²] Flurstück 11/22 [Teilfläche von 9.821 m² und 218 m²] sowie Flur 1 Flurstück 14/17 [Teilfläche von 150 m²] und Flurstück 21/60 [Teilfläche von 70 m²] – Eigentum Sch. – sowie die Grundstücke in der Gemarkung G., Flur 9, Flurstück 9/12 [Teilfläche von 6.059 m² und 4.985 m²] und Flurstück 11/16 [Teilfläche von 16.567 m²] – Eigentum B. –), die unmittelbar beidseitig der Bundesautobahn (BAB) 9 Berlin – München, bei BAB-Kilometer 96,6 i.H.d. Tank- und Rastanlage K. liegen.
Auf der Grundlage des inzwischen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums D. vom 25.9.1998 sollte die Tank- und Rastanlage K. der BAB 9 unter Inanspruchnahme der o.g. Grundstücke neugeordnet und erweitert werden. Dazu führte der Beschluss aus:
„Die vorhandene Tank- und Rastanlage K. erfülle nicht die Anforderungen, die heute an moderne, leistungsfähige und verkehrssichere, bewirtschaftete Nebenbetriebe zu stellen seien. Der augenblickliche Zustand sei geprägt durch den mangelhaften technischen Zustand der Hochbauten, die nur unzureichende Gesamtversorgung der Verkehrsteilnehmer sowie die nicht ausreichenden Ruhemöglichkeiten für die Autobahnbenutzer. Darüber hinaus entspreche die verkehrs- und bautechnische Gestaltung der vorhandenen Verkehrsanlagen nicht dem nach der Richtlinie für die Anlage der Nebenbetriebe und ihrer Verkehrsanlagen an den Bundesautobahnen erforderlichen Prinzip „Tanken-Parken-Rasten” (RAN, VkBl. 1971, 281). Diese Raumaufteilung sei aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs notwendig. Insbesondere sei die räumliche Trennung der emissionsreichen LKW-Bereiche von den Stellplätzen der PKW einerseits und des PKW-Bereichs von den äußeren Erholungsbereichen andererseits nicht gewahrt. Zudem seien auch die Stellplatzkapazitäten unzureichend. Aus der bestehenden Ausgangssituation resultiere hinsichtlich der Erweiterung und Neuordnung der Nebenbetriebsanlagen K. Zwangspunkte, die eine Verlagerung der Anlagen an einen anderen Standort im Zuge der BAB 9 ausschließen würden. Das planfestgestellte Bauvorhaben sei die verkehrstechnisch und wirtschaftlich beste Lösung. Der geringfügige Versatz der Nebenbetriebsstandorte auf der Ostseite in nördlicher Richtung sei aus verkehrstechnischen und verkehrsplanerischen Aspekten erforderlich.
Mit Beschluss vom 27.9.2000 wies das Regierungspräsidium … die Beteiligte zu 3) m...