Leitsatz (amtlich)

§ 8a Abs. 5 FStrG gewährt keinen Entschädigungsanspruch in Höhe der durch eine Baumaßnahme verursachten Kostenunterdeckung, sondern greift erst bei einer konkreten Existenzgefährdung des Betriebes ein.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 06.11.2013; Aktenzeichen 10 O 1092/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 6.11.2013 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg, Az.: 10 O 1092/12, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das Urteil des LG Magdeburg, Az.: 10 O 1092/12, sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung jeweils gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des aus den jeweiligen Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert im Berufungsverfahren wird auf 57.372 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Entschädigungsansprüche aus Straßenbauarbeiten geltend.

Die Klägerin ist eine GmbH, die drei Tankstellen betreibt. Eine dieser Tankstellen liegt in G., unmittelbar an der B. Im Jahre 2010 führte das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Landesbetrieb Bau, im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland Baumaßnahmen an der B. durch. Die Anlieger, so auch die Klägerin, waren zuvor, im Juni 2009, durch eine "Anwohnerinformation" darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass die B. im Rahmen des Ersatzneubaus der Brücke über die Bahngleise bei W. im unmittelbaren Baubereich für ca. sieben Monate voll gesperrt werde.

Die Bauarbeiten fanden in der Zeit vom 14.6.2010 bis 30.11.2010 statt. Die Tankstelle der Klägerin war in dieser Zeit vom Durchgangsverkehr der B. abgeschnitten. Aufgrund eines Umleitungskonzepts war sie jedoch weiterhin sowohl per Kraftfahrzeug als auch fußläufig über den Knoten B./B. erreichbar. Mindestens ein Hinweisschild an der B. wies auf die freie Zufahrt zur Tankstelle hin.

Die anderen beiden Tankstellen der Klägerin befinden sich in F. und L., wobei die letztgenannte der Stammbetrieb ist, über die auch die Gewerbesteuer für alle drei Tankstellen erhoben wird.

Die Klägerin behauptete erstinstanzlich, durch die Baumaßnahme erhebliche Einbußen erlitten zu haben. Die wirtschaftliche Existenz ihres Betriebes in G. sei gefährdet worden. Die Einnahmen der Tankstelle in G. seien während der Vollsperrung dramatisch eingebrochen. In keinem Monat hätten die laufenden Kosten gedeckt werden können, und dies, obwohl sie alle Maßnahmen ergriffen habe, die Auswirkungen der Vollsperrung auf die Tankstelle gering zu halten. Sie habe beispielsweise nicht benötigtes Personal entfernt und die Pachtkosten senken können. Dennoch habe die Tankstelle in jedem Monat der Baumaßnahme Verluste gemacht. Im Juni habe sie minus 3.480 EUR, im Juli minus 9.135 EUR, im August minus 8.731 EUR, im September minus 7.396 EUR, im Oktober minus 17.040 EUR und im November minus 3.312 EUR erwirtschaftet. Es sei im Wesentlichen nur der exzellenten Liquidität der Klägerin bei Beginn der Maßnahme zu verdanken, dass die Tankstelle auch heute noch existiere. Bezüglich der Einzelheiten der wirtschaftlichen Situation der Klägerin wird auf die Klageschrift, Bl. 3 bis 6 Bd. I d.A., die tabellarische Aufstellung im Schriftsatz vom 19.9.2013, Bl. 145 Bd. I d.A., sowie auf die Geschäftsanalyse, Bl. 148 bis 236 Bd. I d.A., Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr deshalb gem. § 8a Abs. 5 FStrG ein Entschädigungsanspruch in Höhe der Kostenunterdeckung zustehe. Sie hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 57.372 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, jährlich ab dem 1.1.2011, zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sämtliche durch die Klägerin dargelegte Ausgaben und Einnahmen mit Nichtwissen bestritten. Sie hat weiterhin bestritten, dass die Klägerin alle Mittel aufgewandt habe, um die Auswirkungen der Vollsperrung auf ihren Geschäftsbetrieb so gering wie möglich zu halten. Im Übrigen komme es ihrer Ansicht nach bei der Prüfung einer Existenzgefährdung nicht auf eine Beeinträchtigung der einzelnen Filiale, sondern auf eine solche des Gesamtunternehmens an. Dafür habe die Klägerin nichts vorgetragen.

Mit am 6.11.2013 verkündeten Urteil hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass keine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz vorgelegen habe. Dabei komme es nicht auf die einzelne an der von den Bauarbeiten betroffenen Straße anliegende Filiale, sondern das Gesamtunternehmen an. Dafür, dass die ganze GmbH aufgrund der Bauarbeiten an der B. existentielle Probleme gehabt habe, gebe es keine Anhaltspunkte. Dies könne aber auch dahinstehen, da nach den Darlegungen der Klägerin nicht einmal die von den Bauarbeiten unmittelbar betroffene Tankstelle in G. in ihrem Fortbestand bedroht gewesen sei. Nach den zur Akte gereichten betriebswirtschaftlichen Unterlagen habe die...

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