Leitsatz (amtlich)
Zur sog. Sphärentheorie beim Regress des Wohngebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer nach einem Wohnungsbrand, wenn der Mieter vor Verlassen der Wohnung einen Lithium-Ionen-Akku zum Laden auf eine brennbare Couch abgestellt hat.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 09.07.2014; Aktenzeichen 11 O 2169/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels - das Urteil des LG Magdeburg vom 9.7.2014, Az.: 11 O 2169/13, nebst dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.
2. Die Sache wird an das LG Magdeburg zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten der Berufung, zurückverwiesen.
3. Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin macht als Wohngebäudeversicherer gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer Ausgleichsansprüche nach einem Wohnungsbrand geltend.
Der Vermieter G. Z. unterhielt für sein in E. in der K. Straße 2 gelegenes Mehrfamilienhaus ausweislich des Versicherungsscheins vom 20.2.2007 (Bl. 7 bis 14 d.A.) bei der Beklagten eine Gebäudeversicherung zum dynamischen Neuwert, die u.a. auch das Brandrisiko mit umfasste. K. M., der eine Wohnung in diesem Gebäude angemietet hatte, war bei der Beklagten haftpflichtversichert.
Am 5.8.2012 kam es in der Wohnung des Mieters K. M. zu einem Brand, der die Wohnung völlig zerstörte und zu erheblichem Sachschaden an dem Gebäude führte. Kurz vor dem Brand hatte K. M. einen mit Lithium-Ionen-Akkus betriebenen Modellhubschrauber zum Laden der Akkus auf die Couch in seinem Wohnzimmer gestellt und in die oberhalb der Couch befindliche Steckdose eingesteckt. Anschließend begab er sich in den Hof des Mehrfamilienhauses, von wo aus er später den Brand in seiner Wohnung wahrnahm.
Ein gegen K. M. wegen fahrlässiger Brandstiftung unter dem Aktenzeichen 233 Js 36428/12 eingeleitetes Ermittlungsverfahren (Beiakte) stelle die Staatsanwaltschaft Magdeburg mit Verfügung vom 26.3.2013 mangels hinreichenden Tatverdachts ein.
Die Klägerin leistete an ihren Versicherungsnehmer G. Z. zum Ausgleich des entstandenen Zeitwertschadens mehrere Zahlungen über insgesamt 49.285,19 EUR, wohingegen sie eine weiter gehende Regulierung des Neuwertschadens ablehnte, da bisher noch kein Nachweis über entsprechende Wiederherstellungsarbeiten an dem beschädigten Gebäude erbracht worden sei.
Die Klägerin hat behauptet, der Wohnungsbrand sei durch die Hubschrauberakkus verursacht worden, und zwar in fahrlässiger Weise durch den Mieter K. M., da dieser die Akkus beim Laden nicht auf einer feuerfesten Unterlage, sondern unbeabsichtigt auf seiner Couch abgestellt habe. Deshalb könne sie in entsprechender Anwendung des § 78 Abs. 2 VVG von der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Mieters die Hälfte des von ihr regulierten Schadens (24.642,59 EUR) verlangen. Wegen der Höhe des Schadens hat sie sich auf ein zuvor von ihr eingeholtes Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. U. B. (Bl. 44 - 94 d.A.) bezogen, das unter Einschluss eines Mietverlustes von 2.262,33 EUR zu einem Zeitwertschaden in Höhe von 51.547,52 EUR brutto bzw. 43.317,24 EUR netto gelangt ist (Bl. 47 d.A.).
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.642,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.7.2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat bestritten, dass die Hubschrauberakkus oder ein anderes elektrisches Gerät ihres Versicherungsnehmers den Brand verursacht hätten. Für den Brand sei vielmehr die veraltete Elektroinstallation des Gebäudes, die unter anderem über keine FI-Sicherheitsschalter verfügt habe, verantwortlich. Doch selbst wenn die Hubschrauberakkus den Wohnungsbrand ausgelöst haben sollten, träfe ihren Versicherungsnehmer keinen Fahrlässigkeitsvorwurf, da mit einem Defekt des Gerätes nicht zu rechnen gewesen sei und Sicherheitshinweise darüber, dass der Akku nur auf einer feuerfesten Unterlage geladen werden dürfe, dem gekauften Hubschrauber nicht beigelegen hätten. Zudem hat die Beklagte die Höhe des Brandschadens bestritten und beanstandet, die Klägerin habe mit ihrem bloßen Verweis auf das Gutachten des Dipl.-Ing. U. B. nicht ausreichend zur Schadenshöhe vorgetragen.
Das LG hat der Klage mit Urteil vom 9.7.2014 (Bl. 127 - 131 d.A.) zum überwiegenden Teil, in Höhe von 20.527,46 EUR nebst Zinsen, stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen zu einem Ausgleichsanspruch der Versicherer analog § 78 VVG ein entsprechender Zahlungsanspruch zu. Da als Brandherd nur die Couch des Mieters M. in Betracht komme, hätte es nach der im Mietrecht entwickelten und auch in der vorliegenden Konstellation Geltung beanspruchenden Sphärentheorie der Beklagten oblegen, sich zu entlasten und nachzuweisen, dass ihr Versicherungsnehmer den Brand nicht fahrlässig verursacht habe. Ein solche...