Leitsatz (amtlich)
Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung verzichtet der Versicherer bei leicht fahrlässigem Handeln auf einen Regress nach § 67 VVG gegen den Mieter des Versicherungsnehmers, wenn der Mieter über die Nebenkosten die Versicherungsprämie anteilig zu dem Versicherungsvertrag übernommen hatte, der Grundlage einer Leistungserbringung durch den Versicherer war.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 25.06.2004; Aktenzeichen 5 O 2070/03) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.6.2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Magdeburg wird zurück- gewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 8.000 EUR abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
und beschlossen:
IV. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 43.336,66 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Verletzung von Mieterpflichten aus gem. § 67 VVG übergegangenem Recht. Die Klägerin ist Gebäudeversicherer für das um 1920 mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaute Grundstück K.-straße 04a in M., das sich im Eigentum der nicht vorsteuerabzugsberechtigten Erbengemeinschaft S. aus P. in der Republik Polen befindet. Der Versicherungsschutz setzt sich aus einer Gebäude - Feuerversicherung, einer Gebäude - Leitungswasserversicherung und einer Gebäude - Sturmversicherung zum gleitenden Neuwert auf der Baupreisgrundlage des Jahres 1914 i.H.v. 208.610 zusammen (Bl. II/21f d.A.). Die Erbengemeinschaft wird in Hausverwaltungsangelegenheiten von der C. GmbH in M. vertreten. Der Beklagte schloss unter dem 16.5.2000 einen Mietvertrag über eine Zwei - Zimmer - Wohnung im dritten Obergeschoss (entspricht dem Dachgeschoss) des Gebäudes (wenn das Hochpaterregeschoss als Erdgeschoss bezeichnet wird [vgl. das obere Lichtbild auf Bl. I/37 d.A.]) (Bl. I/14-18 d.A.). In jeder der drei Wohnungen im Obergeschoss befand sich ein Handwaschbecken (unteres Lichtbild auf Bl. I/37 d.A.) und zentral für alle drei Wohnungen existierten eine Küche und ein Bad. Ausweislich des Mietvertrages bestand die Wohnung aus einem Zimmer, einem weiteren als Küche bezeichneten Zimmer und aus einem WC. Das WC war über den Flur erreichbar. Tatsächlich nutzten der Beklagte und die mit ihm in seiner Wohnung lebende Zeugin O. die Toilette in der Wohnung des Zeugen B.. Zu diesem Zwecke hatten sie jeweils den Wohnungsschlüssel zu dieser Wohnung. Nach § 2 des Mietvertrages begann das Mietverhältnis am 1.6.2000 und endete wegen einer beabsichtigten grundhaften Sanierung des Gebäudes am 31.5.2002. Ob § 2 des Mietvertrages eine Klausel enthält, nach der sich der Mietvertrag im Fall der Nichtdurchführung der Sanierung jeweils stillschweigend um ein halbes Jahr verlängert, befindet sich im Streite der Parteien, die insoweit unterschiedliche Mietvertragsurkundenabschriften zur Akte gereicht haben (Bl. I/15 und I/73 d.A.). Nr. 4 der zum Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Mietbedingungen lautet auszugsweise (Bl. I/19 d.A.):
Nr. 4 Instandhaltung der Räume
(3) Der Mieter haftet dem Vermieter für Schäden, die durch ihn, seine Familienmitglieder, Besucher, Hausgehilfen, Untermieter sowie von ihm beauftragte Handwerker und Lieferanten schuldhaft verursacht werden. Insbesondere haftet er auch für Schäden, die durch fahrlässiges Umgehen mit Wasser, Gas, Strom und Feuer, mit der Klosett- und Heizungsanlage, durch Offenstehenlassen von Türen und Fenstern oder der Versäumnis einer vom Mieter übernommenen sonstigen Pflicht (Beleuchtung usw.) entstehen. Dem Mieter obliegt der Beweis dafür, dass ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgelegen hat. Die Haftung des Mieters tritt nicht ein, wenn die Schadensursache nicht in seinem Gefahrenbereich eingesetzt wurde.
Nach § 4 des Mietvertrages i.V.m. Anlage 3 des Mietvertrages hatte der Mieter die Betriebskosten anteilig zu übernehmen und hierauf eine Nebenkostenvorauszahlung i.H.v. 65,30 DM zu leisten. Nr. 13 der Anlage 3 des Mietvertrages ("Aufstellung der Betriebskosten nach Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung bzw. Anlage 1 zu § 1 Abs. 5 der Betriebskosten - Umlageverordnung" [Bl. I/23 und I/22 d.A.]) lautet:
13. Die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung
Hierzu gehören namentlich die Kosten der Versicherung des Gebäudes gegen Feuer-, Sturm- und Wasserschäden, der Glasversicherung, der Haftpflichtversicherung für das Gebäude, den Öltank und den Aufzug.
Der Beklagte zog Anfang Dezember 2002 als letzter Mieter im Obergeschoss aus seiner Wohnung aus. Die näheren Umstände des Auszuges befinden sich im Streite der Parteien.
Am 13.1.2003 stellte der Geschäftsführer P. der Verwalterin C. GmbH fest, dass es in dem Haus zu einem Leitungswasserschaden gekommen war. Die Feuerwehr hatte die Wohnungstür in der davor liegenden Nacht aufgebrochen und den Verwalter im Laufe des Tages darüber inform...