Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Klauseln in einem Praxisübernahmevertrag
Normenkette
BGB § 138
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 6 O 1308/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.11.2004 verkündete Urteil des LG Magdeburg, 6 O 1308/04, wird zurückgewiesen.
Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 75 % und der Beklagte zu 25 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten wegen seiner nach Kostenausgleich verbleibenden außergerichtlichen Auslagen durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden bzw. des tatsächlich vollstreckten Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer beider Parteien übersteigt jeweils 20.000 EUR.
Gründe
I. Die Prozessparteien streiten um vermeintliche finanzielle Ansprüche aus einem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag über die Übernahme einer Steuerberatungspraxis in M.
Der Kläger als Erwerber macht eine Reduzierung des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises geltend und begehrt eine erhebliche Rückzahlung des bisher geleisteten Kaufpreises. Der Beklagte als Veräußerer begehrt die Zahlung des restlichen Kaufpreises.
Der Beklagte unterhielt seit März 1991 eine eigene Steuerberatungspraxis im Stadtzentrum von M. (im "A."), zunächst gemeinsam mit einem Partner und nach dessen krankheitsbedingtem Ausscheiden allein. Der Kläger betrieb und betreibt noch heute u.a. eine Steuerberatungspraxis in St.
Ende des Jahres 2001 wurde der damals 48-jährige Beklagte von einem Vermittler von Praxisübernahmen angesprochen, ob er bereit sei, seine Praxis zu veräußern. Der Beklagte erklärte seine Verkaufsbereitschaft im Hinblick darauf, dass die Praxis nach seinen eigenen Angaben "keine übermäßigen Gewinne" erwirtschaftete und dass ihm der Verkaufserlös die Ablösung sämtlicher Bankverbindlichkeiten ermöglichen konnte, die die Praxis insb. seit dem Ausscheiden seines Partners nicht unerheblich belasteten. Als potenzieller Erwerber wurde ihm der Kläger vermittelt. Die Parteien des Rechtsstreits einigten sich bereits im Januar 2002 vorab mündlich darüber, dass der Kläger die Praxis des Beklagten für einen Kaufpreis i.H.v. 100 % des Jahresumsatzes von 2001 übernehmen solle. Es wurde weiter mündlich vereinbart, dass der Beklagte vom Kläger als Kanzleileiter angestellt werde, um eine konfliktlose Überleitungsphase ohne Mandatsverluste sicherzustellen und dem Beklagten ein festes Erwerbseinkommen zu sichern. Hierüber sollten in Wechselbeziehung stehende schriftliche Verträge über die Praxisübernahme und über die Anstellung des Beklagten beim Kläger geschlossen werden.
Am 26.3.2002 schlossen die Parteien des Rechtsstreits einen schriftlichen Praxisübernahmevertrag. In der Präambel des Vertrages schickten die Vertragsparteien voraus, dass sie davon ausgingen, dass der Jahresumsatz der Praxis im Jahre 2001 nach den Unterlagen des Beklagten netto 800.000 DM betragen habe; der Beklagte versicherte, diese Unterlagen nach bestem Wissen und Gewissen erstellt zu haben und dass deren Inhalt den tatsächlichen Verhältnissen entspreche.
Nach dem Inhalt des Vertrages verpflichtete sich der Beklagte zur Übereignung des Inventars zum 1.4.2002 und zur Überleitung sämtlicher Mandate. Die Zustimmung der Mandanten hierzu sollte gemeinsam eingeholt werden (§ 1 Abs. 2; § 2 Abs. 1 Vertrag). Die Einsicht in und die Aushändigung von Akten und Unterlagen sollte erfolgen, sobald das Einvernehmen der jeweiligen Mandanten dazu vorliegt (§ 6 Vertrag).
Als Kaufpreis wurde in § 9 Abs. 1 Vertrag "100 % der in der Mandantenliste (Anlage 1) genannten nachhaltigen Honorarsumme (409.000 EUR - der gerundete Gegenwert von 800.000 DM, Anm. des Senats)" vereinbart, und zwar netto 409.000 EUR. Der Kaufpreis sollte auch die Übergabe des Inventars der Praxis abgelten. § 9 Abs. 2 Vertrag enthält eine Kaufpreisreduzierungsklausel mit folgendem Wortlaut:
"Scheiden in der Mandantenliste aufgeführte Mandanten innerhalb von 24 Monaten nach dem Übernahmetag aus oder sinkt der Beratungsumsatz mit diesen Mandanten und sinkt damit der der Kaufpreisbemessung zugrunde liegende Umsatz, so hat der Verkäufer den Differenzbetrag zu 100 % zu erstatten."
Für die Zahlung des Kaufpreises wurde eine Ratenzahlung sowie eine Verzinsung der ausstehenden Zahlungen ab dem 1.4.2002 vereinbart.
Im Vertrag wird in § 1 Abs. 3 auf eine Mandantenliste zum 31.3.2002 als Anlage 1 verwiesen, die wesentlicher Vertragsbestandteil sein solle. Es wurde im Einzelnen aufgeführt, welche Angaben die Liste enthalten solle. Der Beklagte erklärte, dass alle darin aufgeführten Mandate, soweit sie nicht besonders gekennzeichnet seien, ausnahmslos nachhaltige Mandate seien, deren Bestand nicht gefährdet sei "durch absehbares Ausscheiden aus Altersgründen, aus Gründen der Überschuldung oder Geschäftsaufgabe" (§ 1 Abs. 3 ff. Vertrag). Tatsächl...