Leitsatz (amtlich)

Dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz unterfallen nur solche Energieversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher aufgrund allgemeiner Bedingungen und Tarife liefern (§ 10 EnWG).

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 31.05.2001; Aktenzeichen 10 O 134/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.03.2004; Aktenzeichen VIII ZR 213/02)

 

Tenor

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 412.908,03 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlung eines Belastungsausgleichs nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG).

Die Klägerin ist Eigentümerin und Betreiberin der Infrastruktureinrichtungen des Chemiestandorts L. Sie bezieht über die L. GmbH i.L. (L.) und die K. GmbH (K.) Strom, der in Kraftwerken mit Kraft – Wärme – Kopplungsanlagen (KWK – Anlagen) erzeugt wird. Bei diesen KWK-Anlagen handelt es sich um 1994 bzw. 1998 in Betrieb genommene Gas- und Dampf-Turbinen-Anlagen, in denen auf der Basis von Erdgas Strom und Dampf erzeugt werden. Die Verträge zum Bezug des Stromes aus den KWK-Anlagen wurden am 15.5.1996 mit der L. GmbH und am 13.3.1997 mit der M. abgeschlossen. Der letztgenannte Vertrag wurde durch Überleitungsvertrag vom 16.12./28.12.1998/18.1.1999 auf die 100%ige M. Tochter K. übertragen. Ein zwischen der Klägerin und der Beklagten 1996 geschlossener „Vertrag über energiewirtschaftliche Zusammenarbeit”, der u.a. auch die Ausspeisung von Strom aus dem Netz der Klägerin in das Netz der Beklagten regelte, wurde zum 31.12.1999 gekündigt.

Auf Antrag vom 26.7.2001 wurde der Klägerin unter dem 9.10.2001 durch das Ministerium für Wirtschaft und Technologie des Landes Sachsen-Anhalt die Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung anderer mit Elektrizität gem. § 3 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erteilt. Die Genehmigung von Allgemeinen Tarifen über die Versorgung mit elektrischer Energie in Niederspannung wurde unter dem 10.12.2001 mit Wirkung zum 1.1.2002 erteilt.

Mit Schreiben vom 9.6.2000 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über die Vergütung von Strom nach dem KWK-Gesetz i.H.v. insg. 1.073.232 DM. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 19.6.2000, mit dem sie der Klägerin einen Fragebogen zur Nachweisführung bezüglich der Einstufung der Anlagen als KWK-Anlagen nach dem KWKG übersandte. Zugleich erklärte sie, die Rechnungsposition 1 sei unstreitig und die Position 2 zu korrigieren; hinsichtlich der Position 3 bedürfe es einer gesonderten Nachweisführung. Die Rechnung wurde sodann hinsichtlich der Rechnungsposition 2 unter dem 12.7.2000 korrigiert. Nach weiterem Schriftverkehr brachte die Beklagte sodann die Rechnungsposition 1 i.H.v. netto 543.960 DM zum Ausgleich und erklärte, wegen unterschiedlicher Ansichten zur Auslegung des KWKG die weiteren Positionen zunächst zurückstellen zu müssen.

Unter dem 7.9.2000 erteilte die Klägerin der Beklagten sodann eine weitere Rechnung für die Lieferung von Strom i.H.v. 200.609,09 DM.

Diese Rechnung sowie die Position 1 der Rechnung vom 9.6.2000 waren Gegenstand des Verfahrens vor dem LG.

Zwischenzeitlich hat die Klägerin unter dem 6.3.2002 eine weitere Rechnung an die Beklagte erteilt, aus der sie die Position 1 i.H.v. 174.444,41 Euro als Vergütung für Strom aus der Anl. GuD S. im Wege der Klageerweiterung geltend macht.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6.12.2000 der V. AG den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und hat ihrerseits der B. AG sowie der H. AG mit Schriftsatz vom 14.3.2001 den Streit verkündet. Die B. AG ist dem Rechtsstreit ebenfalls auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, hinsichtlich der Rechnungsposition 2 aus der Rechnung vom 9.6.2000 in der korrigierten Fassung stehe ihr ein Anspruch auf Belastungsausgleich nach § 5 Abs. 1 KWKG i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG zu. Sie habe im Zeitraum vom 18. bis 31.5.2000 Strom im Umfang von 9.072 MWh aus der GuD K. abgenommen, wofür die Beklagte als vorgelagerte Netzbetreiberin Belastungsausgleich i.H.v. 3 Pfg./KWh, mithin 30 DM/MWh, zu zahlen habe.

Dazu hat sie behauptet, sie erfülle die Anspruchsvoraussetzungen, da sie als Netzbetreiberin Strom aus KWK-Anlagen aufnehme und hierfür Zahlungen leiste. Sie versorge auf dem Gelände des Chemiestandorts gewerbliche und freiberuflich tätige Abnehmer sowie private Abnehmer mit Strom und sei daher als allgemeiner Versorger von Letztverbrauchern i.S.d. KWKG anzusehen. Dieser Begriff sei mit dem Begriff des § 10 EnWG nicht identisch, da nach dem Zweck des KWKG nicht nur kommunale Anlagen oder kommunale Energieversorger gefördert werden sollten, sondern auch die industrielle Kraft-Wärme-Kopplung. Zudem beziehe sich § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG, der eine eigene Anspruchsgrundlage darstelle, auf jedes Energieversorgungsunternehmen, welches auf Grund von Verträgen, die vor dem 1.1.2000 geschlossen sind, Strom aus KWK-Anlagen beziehe. Da sie Zahlungen nach § 3 Abs. 1 S. 1 2. Alt. KWKG zu leisten habe, sei sie auch belastet und damit anspruchsberec...

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