Leitsatz (amtlich)
Der Bauunternehmer kann seinen Vergütungsanspruch trotz einer Schlussrechnung weiterhin aus einer Abschlagsrechnung geltend machen, wenn diese ein unbestrittenes Guthaben ausweist (Revision zugelassen).
Verfahrensgang
LG Dessau (Urteil vom 23.12.2002; Aktenzeichen 4 O 1299/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.12.2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau, Az.: 4 O 1299/02, teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.309,61 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % für die Zeit vom 3.4.2002 bis zum 2.5.2002 sowie i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.5.2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 18.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 14.527,52 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien streiten über Werklohnansprüche der Klägerin aus der Ausführung von Erdbauarbeiten.
Die Parteien schlossen am 30.10.2001 einen Bauvertrag. Die Klägerin verpflichtete sich, für das Bauvorhaben der Beklagten in der B. Straße in M. insgesamt vier Baugruben auszuheben. Die Parteien vereinbarten als Auftragssumme einen Betrag von 37.755,20 DM brutto, der sich aus der Summe der im Leistungsverzeichnis vom 25.9.2001 ausgewiesenen Einzelpreise und Mengen errechnete, und die Geltung der VOB/B.
Die Klägerin bezifferte zunächst mit der 1. Abschlagsrechnung vom 7.11.2001 (Bl. 19 f. d.A.) ihre Forderungen. Diese Rechnung wies die Beklagte mit Schreiben vom 23.11.2001 (Bl. 23 f. d.A.) zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass eine abgerechnete Position nicht angefallen und die Mengenberechnung unzutreffend sei, und erstellte gleichzeitig eine ausführliche Berechnung über die berücksichtigungsfähigen Mengen. Daraufhin erstellte die Klägerin unter gleichem Datum die streitgegenständliche 1. Abschlagsrechnung (Bl. 112 f. d.A.) über einen Betrag von 14.527,52 EUR (28.413,35 DM), die ausschließlich auf den Positions- und Mengenangaben der Beklagten beruht. Die in der korrigierten Abschlagsrechnung ausgewiesenen Leistungen für das Ausheben von drei Baugruben erbrachte die Klägerin vollständig.
Mit der am 5.11.2002 beim LG Dessau eingegangenen Anspruchsbe-gründungsschrift hat die Klägerin ihre Werklohnforderung aus der korrigierten 1. Abschlagsrechnung vom 7.11.2001 geltend gemacht. Die Beklagte hat den Werkvertrag mit Schriftsatz vom 27.11.2001 gekündigt und Klageabweisung im wesentlichen mit der Begründung beantragt, die Klägerin sei nunmehr zur Erstellung einer Schlussrechnung verpflichtet.
Der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des LG Dessau hat der Klage – bis auf einen Teil der Zinsforderung – stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf den vereinbarten Werklohn i.H.v. 14.527,52 Euro. Nach der durch die Beklagte erfolgten Kündigung des Werkvertrages könne die Klägerin den gesamten Werklohn verlangen und müsse sich allein ersparte Aufwendungen entgegen halten lassen, §§ 631, 649 BGB, § 8 Ziff. 1 VOB/B. Die Forderung sei fällig. Nach Ziff. 11.3 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages sei die Fälligkeit 30 Tage nach Vorlage der Versicherungsbestätigung am 3.4.2002 eingetreten. Der Fälligkeit der Forderung stehe die im laufenden Prozess erklärte Vertragskündigung durch die Beklagte nicht entgegen. Zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, dass nach einem gekündigten Werkvertrag Schlussrechnung zu legen sei. Die Klägerin sei jedoch nach Treu und Glauben zu einer erneuten Rechnungslegung nicht verpflichtet. Sie habe über die tatsächlich erbrachten Leistungen bereits vollständig und prüfbar durch ihre auf Veranlassung der Beklagten korrigierte Abschlagsrechnung abgerechnet und mache darüber hinausgehende Ansprüche nicht geltend.
Gegen dieses der Beklagten am 7.1.2003 zugestellte Urteil hat sie am 30.1.2003 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und dieses durch einen am 5.3.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Zur Begründung des weiterhin gestellten Klageabweisungsantrags führt die Beklagte aus, das LG habe verkannt, dass die Klägerin nach der Kündigung des Bauvertrages ihre Forderungen nicht mehr auf eine Abschlagsrechnung, sondern nur noch auf eine Schlussrechnung habe stützen können. Ohne das Vorliegen einer Schlussrechnung gebe es keine Bruttoschlussrechnungssumme, weshalb der Beklagten ihr Recht auf Einbehalt von 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme als Gewährleistungssicherheit ebenso verloren gehe wie der vereinbarte Skontoabzug. Zudem enthalte die streitgegenständliche Abrechnung die üblicherweise erst in der Schlussrechnung enthaltenen Abzüge für Umlagen wie Strom-, Wasser-, Bauschilder-, Versicherungs-, Baureinigungskoste...