Leitsatz (amtlich)
1. Der rechtzeitig erklärte Vorbehalt des Auftraggebers gegen die Schlusszahlung des Auftragnehmers wird nur dann gem. § 16 Nr. 3 Abs. 5 Satz 2 VOB/B hinfällig, wenn der Vorbehalt nicht innerhalb von weiteren 24 Werktagen, beginnend am Tag nach Ablauf der 24-Werktagesfrist für die Erklärung des Vorbehaltes, eingehend begründet oder innerhalb dieser Frist eine prüfbare Rechnung über die vorbehaltenen Forderungen eingereicht wird.
2. Das gilt - obwohl erst in § 16 Nr. 3 Abs. 5 VOB/B 2006 ausdrücklich so geregelt - auch bereits im zeitlichen Geltungsbereich der VOB/B i.d.F. der Bekanntmachung vom 12.9.2002 (BAnz. Nr. 202a).
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 18.07.2007; Aktenzeichen 33 O 109/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.7.2007 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Magdeburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin hat die Beklagte auf Herausgabe der Urkunde über eine Zahlungsbürgschaft der Kreissparkasse W. i.H.v. 63.500 EUR (GA I 17) zu dem Bauvertrag der Parteien vom 16.3.2004 zum Bauvorhaben R. in Sch. in Anspruch genommen. Nach Ziff. 6.2 dieses Bauvertrages war die Klägerin zur Stellung dieser Zahlungsbürgschaft über 10 % der Bruttoauftragssumme verpflichtet, während der Beklagten die Übergabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft in gleicher Höhe oblag. Die Klägerin hat nach Abnahme der Werkleistung am 24.3.2005 mit Schreiben vom 26.7.2005 die Bürgschaftsurkunde der Beklagten zurückgesandt und Herausgabe ihrer Zahlungsbürgschaft verlangt, jedoch erfolglos.
Die Beklagte hat Widerklage auf Zahlung von 16.910,36 EUR restlichen Werklohnes erhoben, von dem 2.374,36 EUR auf den Restbetrag nach ihrer Schlussrechnung vom 11.4.2005 (GA I 13-14) und 14.536 EUR auf Zusatzleistungen für den Einbau von Lamellenlüftern entfielen. Über die Vergütung für diese Zusatzleistungen hat die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 15.7.2005 (GA I 91-92), dessen Zugang von der Klägerin allerdings bestritten wird, sowie mit weiterem Rechnungsschreiben vom 19.7.2005 (GA I 93) abgerechnet.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die herausverlangte Bürgschaft beträfe nur die vertragliche Vergütung, die sie beglichen habe, nicht dagegen die Zusatzforderung der Beklagten. Diese sei auch zu Unrecht erhoben, weil der Einbau der Lamellenlüfter zum vertraglichen Bausoll gehört habe und durch den vereinbarten Pauschalpreis abgegolten sei. Deshalb habe sie das Nachtragsangebot der Beklagten zur Lieferung und zum Einbau von Lamellenlüftern gegen Extravergütung vom 5.4.2004 (GA I 58) zunächst mündlich und danach mit Schreiben vom 11.6.2004 (GA 68) abgelehnt.
Zudem sei diese Nachforderung gem. § 16 Nr. 3 Abs. 2 und 4 VOB/B wegen der vorbehaltlosen Annahme ihrer Schlusszahlung durch die Beklagte ausgeschlossen.
Dem hat die Beklagte entgegnet, sie habe auf das Schreiben der Klägerin vom 24.5.2005 (GA I 80-81), mit dem Prüfungsergebnis zur Schlussrechnung und deren eigene Schlussrechnung vom gleichen Tage (GA I 82-89), mit dem Schreiben vom 15.6.2005 rechtzeitig widersprochen und diesen Widerspruch mit Schreiben vom 15.7.2005 auch rechtzeitig begründet. Eine Präzisierung ihrer Forderung habe sie mit Schreiben vom 19.7.2005 (GA I 21) vorgenommen.
Das LG hat die Beklagte mit Versäumnisurteil vom 13.12.2006 verpflichtet, der Klägerin die herausverlangte Bürgschaftsurkunde herauszugeben; ferner hat es die Widerklage abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 18.7.2007 hat das LG sein Versäumnisurteil aufrechterhalten und die Beklagte verurteilt, weitere 465,90 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Herausgabe der Zahlungsbürgschaft zu, weil offene Werklohnforderungen der Beklagten nicht mehr bestünden. Diese seien schon durch die vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung der Klägerin gem. § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ausgeschlossen, weil die Beklagte hiergegen keinen rechtzeitigen Vorbehalt erklärt habe. Der wirksame Vorbehalt der Beklagten vom 15.6.2006, der der Klägerin am 17.6.2005 zugegangen sei, sei nämlich gem. § 16 Nr. 3 Abs. 5 Satz 2 VOB/B hinfällig geworden, nachdem die Beklagte nicht binnen weiteren 24 Werktagen eine eingehende Begründung ihres Vorbehaltes übersandt habe. Den rechtzeitigen Eingang der Vorbehaltsbegründung vom 15.7.2005 am selben, letzten Tage der Begründungsfrist habe die Beklagte nicht belegt; ihr Schreiben vom 19.7.2005 sei verspätet gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie dessen Abänderung, Abweisung der Klage und Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 16.910,36 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.5.2005 ers...