Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn die sachliche Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts nicht auf § 1 Nr. 1a LwVG, sondern auf § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO beruht, beginnt die Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Landwirtschaftsgerichts, wenn dem Urteil keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt gewesen ist, gem. § 48 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 S. 2, 3 LwVG erst mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.
2. Hat ein Miterbe ein zum Nachlass gehörendes Grundstück allein genutzt und hat danach die Erbengemeinschaft mehrheitlich beschlossen, das Nachlassgrundstück an einen Dritten verpachten zu wollen, hat der bislang allein nutzende Miterbe nicht nur das Grundstück an die Erbengemeinschaft herauszugeben, sondern auch entsprechend den für die Rückgabe von Pachtland nach Beendigung eines Pachtverhältnisses geltenden Grundsätzen (BGH v. 27.4.2001 - LwZR 10/00, MDR 2001, 928 = AG 2001, 586 = BGHReport 2001, 565 = NJW 2001, 2537) die dem Grundstück zugeordneten betriebsbezogenen Zuckerrübenlieferrechte an die Erbengemeinschaft zu übertragen.
Verfahrensgang
AG Wernigerode (Urteil vom 19.04.2004; Aktenzeichen 10 Lw 22/03) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger wird das am 19.4.2004 verkündete Urteil des AG - Landwirtschaftsgerichts - Wernigerode teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt,
1. einer Übertragung von 312 Aktien der H. AG in B. für eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 15,848 ha in der Gemarkung R. auf die Erbengemeinschaft nach A. N. jun., bestehend aus den Klägern, dem Beklagten und Herrn G. L., Zug um Zug gegen Zahlung von 2.073,55 Euro zuzustimmen,
2. an die Erbengemeinschaft nach A. N. jun., bestehend aus den Klägern, dem Beklagten und Herrn G. L., 2.426,79 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.8.2003 zu zahlen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Kläger und die Beschwer des Beklagten übersteigen jeweils 20.000 Euro nicht.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nicht gem. § 522 Abs. 1 S. 2, § 517 ZPO im Hinblick darauf unzulässig, dass sie erst am 15.9.2004 und somit fast fünf Monate nach Verkündung der erstinstanzlichen Entscheidung eingelegt worden ist. Denn die Berufungsfrist hat gem. § 21 Abs. 2 S. 2, 3, § 48 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 LwVG erst 5 Monate nach der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils begonnen, weil diesem, wie eine dienstliche Äußerung des Vorsitzenden des Landwirtschaftsgerichts ergeben hat, keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt gewesen ist.
§ 21 Abs. 2 S. 2, 3 LwVG ist im vorliegenden Verfahren maßgeblich, obwohl die Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts nicht auf dem in § 48 Abs. 1 S. 1 LwVG im Bezug genommenen § 1 Nr. 1a LwVG beruht; denn die Parteien machen nicht Rechte aus einem Pachtvertrag geltend, sondern sie streiten um Rechte und Pflichten, die sich aus ihrer Stellung als Mitglieder einer Erbengemeinschaft ergeben. Die Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts ergibt sich vielmehr aus § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO. Das Verfahren ist jedoch so zu behandeln, als wäre das Landwirtschaftsgericht gem. § 1 Nr. 1a LwVG zuständig. Eine ausdrückliche Regelung für das bei einer Zuständigkeit des Landwirtschaftsgerichts nach § 281 ZPO anzuwendende Verfahren enthält zwar weder das Landwirtschaftsverfahrensgesetz noch die ZPO. Ein Verfahren, das als Landwirtschaftssache vor dem Landwirtschaftsgericht verhandelt wird, muss nach Sinn und Zweck des LwVG auch den für streitige Landwirtschaftssachen maßgeblichen Verfahrensvorschriften unterliegen, jedenfalls soweit es - wie hier bei der Abhängigkeit der Berufungsfrist von der Rechtsmittelbelehrung - um ggü. den Prozessparteien normierte besondere Fürsorgepflichten des Landwirtschaftsgerichts geht, auf deren Einhaltung die Parteien eines Landwirtschaftsrechtsstreits nach dem im LwVG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers vertrauen dürfen.
III. Die Berufung des Beklagten hat, soweit die Kläger mit dem Hauptantrag die Zustimmung zur Übertragung der mit den Lieferrechten verbundenen Namensaktien an die Erbengemeinschaft zu ihren Händen begehren, Erfolg, da nur ein Anspruch auf Herausgabe an alle Erben besteht. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
1. Der Klageantrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antrag nicht deshalb unzulässig, weil der Miterbe G.L. in den Rechtsstreit nicht einbezogen ist. Einzelne Miterben sind gem. § 2039 S. 1 BGB zur Geltendmachung eines Nachlassanspruchs berechtigt; insoweit liegt ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft vor.
2. Ein Anspruch auf Herausgabe von Aktien, mit denen Lieferrechte verbunden sind, folgt allerdings nicht aus § 596 BGB. Denn der Beklagte ist nicht Pächter der Kläger oder der Erbengemeinschaft N....