Leitsatz (amtlich)
1. Wie die Erhebung einer Stufenklage gem. § 254 ZPO den Beklagten auch ohne bezifferten Leistungsantrag in Verzug setzt, gilt dasselbe für eine außerprozessuale Mahnung gleichen Inhalts (hier gegenüber einem der Klägerin als Pflichtteilsberechtiger auskunftspflichtigen Erben).
2. Das Pflichtteilsrecht ist ein bereits zu Lebzeiten des Erblassers bestehendes, dessen Tod überdauerndes und sich mit dessen Erben fortsetzendes Rechtsverhältnis zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem späteren Erblasser. Der beklagte Erbe muss sich daher das Wissen der Erblasserin um einen pflichtteilsberechtigten Abkömmling zurechnen lassen und kann sich nicht auf nicht zu vertretende Unkenntnis i.S.v. § 286 Abs. 4 BGB berufen.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 24.03.2011; Aktenzeichen 10 O 88/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 24.3.2011, Az: 10 O 88/10, teilweise abgeändert. Die Klage wird abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin außergerichtliche Kosten i.H.v. 1.999,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1.12.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte ¾ und die Klägerin ¼ zu tragen.
3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Im Umfang der Berufungszurückweisung ist auch das angegriffene Urteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 24.3.2011, Az: 10 O 88/10, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen
Und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.807,34 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:
Nachdem die Klägerin ursprünglich im Wege der Stufenklage als Pflichtteilsberechtigte gegen den Beklagten als Alleinerben ihrer am 9.2.2009 verstorbenen Großmutter Auskunft über den Bestand des Nachlasses und Zahlung des sich hieraus ergebenden Pflichtteils gefordert hatte, streiten die Parteien nunmehr nur noch über Verzugszinsenansprüche und außergerichtliche Anwaltskosten der Klägerin.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 1.7.2009 hatte die Klägerin von dem minderjährigen Beklagten, vertreten durch seine Mutter, unter Fristsetzung bis zum 17.7.2009, Auskunft über den Bestand des Nachlasses und Zahlung des sich hieraus ergebenden Pflichtteilsbetrages gefordert. Unter Ankündigung, die begehrte Auskunft bei Nachweis der Pflichtteilsberechtigung zu erteilen und Pflichtteilsansprüche auszugleichen, forderte der Beklagte die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22.7.2009 auf, zunächst durch Personenstandsurkunden ihre Pflichtteilsberechtigung nachzuweisen. Mit Schreiben vom 3.8.2009 übersandte der Klägervertreter eine Abstammungsurkunde, aus der sich die Namen der Eltern der Klägerin ergaben. Der Beklagte erbat daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 28.10.2009 auch die Abstammungsurkunde des Vaters und die Eheurkunde der Klägerin, da sich allein aus ihrer Abstammungsurkunde ihre Stellung als Enkeltochter der Erblasserin nicht ableiten lasse.
Nach Zustellung der Stufenklage am 24.3.2010 kündigte der Beklagte an, den Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch im Falle des Nachweises der Aktivlegitimation der Klägerin anzuerkennen. Hierauf reichte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.4.2010 die Geburtsurkunde ihres Vaters und ihre Eheurkunde in Kopie zur Akte, woraufhin der Beklagte den Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch der Klägerin mit Schriftsatz vom 12.5.2010 anerkannte. Am selben Tag erging Teilanerkenntnisurteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg, auf das Bezug genommen wird.
Nach Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses machte die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.10.2010 sodann 87.908,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.7.2009 geltend. Der Beklagte anerkannte unter Protest gegen die Kostenlast mit Schriftsatz vom 16.11.2010 den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch (ohne Zinsen). Am 26.11.2010 erging insoweit ein weiteres Teilanerkenntnisurteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg, auf das ebenfalls Bezug genommen wird. Zuvor hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.11.2010 die Klage um außergerichtliche Kosten i.H.v. 1.999,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit - unter Zugrundelegung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 RVG-VV bei einem Gegenstandswert i.H.v. 87.908,28 EUR nebst 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale sowie Mehrwertsteuer erweitert.
Mit Endurteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 24.3.2011 wurde der Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - verurteilt, an die Klägerin Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 87.908,28 EUR für die Zeit vom 3.8.200...