Leitsatz (amtlich)
1. Die Inbetriebnahme eines Fotovoltaikmoduls setzt die Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft der Anlage zur Umwandlung von solarer Strahlungsenergie in elektrische Energie im Sinne einer objektiv vorhandenen technischen Möglichkeit zur Erzeugung von Strom als ein außerhalb der Anlage nutzbares Produkt sowie das Inbetriebsetzen der Anlage aufgrund einer bewussten Entscheidung des Anlagenbetreibers für das Auslösen des Stromflusses voraus (Festhalten am Urt. v. 11.7.2013 - 2 U 3/13 "PV-Park J." REE 2013, 175).
2. Legt der Anlagenerrichter auf Geheiß des Anlagenbetreibers die Solarfläche des Moduls frei und führt er einen sog. Glühlampentest durch, so liegt hierin ein Inbetriebsetzen des Fotovoltaikmoduls.
3. Es fehlt jedoch auch nach der Vorschrift des § 3 Nr. 5 EEG 2009, in der vom 1.7.2010 bis zum 30.4.2011 geltenden Fassung, an der für eine Inbetriebnahme erforderlichen zeitlich vorangehenden Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft, wenn das Fotovoltaikmodul zzt. des Inbetriebsetzens nicht an seinem - ggf. auch nur vorläufigem - Bestimmungs- und Einsatzort fest installiert war.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 08.07.2013; Aktenzeichen 4 O 409/12) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 8.7.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden jeweils - insoweit in teilweiser Berichtigung der Kostenquote für die erste Instanz - der Klägerin zu 1) zu 92 %, dem Kläger zu 2) zu 7 % und dem Kläger zu 3) zu 1 % auferlegt.
Das Urteil des Senats und das o.a. Urteil des LG sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Kläger sind jeweils Betreiber von Fotovoltaikanlagen und begehren von der Beklagten, ihrer regelverantwortlichen Stromnetzbetreiberin, weitere Zahlungen für den von ihnen erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom. Die Prozessparteien streiten insbesondere darüber, ob der für die Höhe der gesetzlichen Mindestvergütung nach dem EEG maßgebliche Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlagen jeweils vor dem Stichtag am 1.1.2011 gelegen hat.
Am 25.6.2010 erließ die Clearingstelle EEG den Hinweis Nr. 2010/1 zur Auslegung und Anwendung des § 3 Nr. 5 EEG 2009 - Inbetriebnahmezeitpunkt bei PV-Anlagen nach dem EEG 2009 - (künftig: Hinweis Nr. 2010/1). Darin vertrat sie die Auffassung, dass eine Anlage zur fotovoltaischen Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie in Betrieb gesetzt sei, sobald in ihr aufgrund einer durch den Anlagenbetreiber oder auf dessen Geheiß vorgenommenen aktiven Handlung, d.h. insbesondere nach Abschluss des Produktions- und Vertriebsprozesses, erstmals Strom erzeugt und dieser außerhalb der Anlage umgewandelt ("verbraucht") werde. Eine solche Umwandlung könne u.a. durch das Leuchten einer an die Fotovoltaikanlage angeschlossene Glühbirne stattfinden (Ziff. 1 des Beschlussausspruchs). Nicht erforderlich für die Inbetriebnahme einer Anlage seien der Anschluss eines Wechselrichters, die vorherige Anmeldung zum Netzanschluss etc., der Anschluss bzw. der Betrieb von Zähl- oder Messeinrichtungen oder die Einspeisung des im Modul erzeugten Stroms in ein Stromnetz (Ziff. 4 des Beschlussausspruchs). Es werde zudem widerleglich vermutet, dass eine Anlage i.S.v. § 3 Nr. 5 EEG 2009 ihre "technische Betriebsbereitschaft" erlangt habe, wenn sie nach den vorstehenden Maßstäben in Ziff. 1 in Betrieb gesetzt worden sei und kein Defekt der Anlage eintrete (Ziff. 5 des Beschlussausspruchs). Wegen der weiteren Einzelheiten des Hinweises sowie wegen der Gründe der Entscheidung wird auf den Inhalt des Hinweises Nr. 2010/1 verwiesen. Auf diese Rechtsauffassung stützte die Clearingstelle EEG in der Folgezeit mehrere Voten, darunter das Votum Nr. 2013/26 vom 23.4.2013 und das Votum Nr. 2013/22 vom 29.4.2013, in denen die Clearingstelle jeweils die Auffassung vertreten hat, dass unter Geltung des EEG 2009 eine ortsfeste Installation der Fotovoltaikanlagen (noch) nicht erforderlich gewesen sei.
Auf eine - im Rechtsstreit nicht vorgetragene - Anfrage der S. GmbH (künftig: Projektsteuerer) an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, welche sich auf einen hier nicht streitgegenständlichen Solarpark in L. bezog, antwortete deren Mitarbeiter H. Sch., tätig im Bereich Netzvertrieb für die Netzregion Brandenburg, per E-Mail vom 24.9.2010, wie folgt:
"... glücklicherweise können wir dieses Thema jetzt entspannter angehen, als noch vor einem Jahr. Die ... [es folgt die Bezeichnung der Rechtsvorgängerin der Beklagten] hält sich an die Empfehlungen des Clearingstellenhinweises vom 25.6.2010. Das bedeutet, dass ein Inbetriebnahmedatum vom Errichter und Betreiber der Anlage erklärt wer...