Leitsatz (amtlich)

Zum Nachweis eines bedingungsgemäßen Sturms mit der Windstärke 8.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 01.11.2012; Aktenzeichen 11 O 2008/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 1.11.2012 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Magdeburg, Az.: 11 O 2008/11, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 46.431,27 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. den §§ 2, 6 Satz 1 ZPO).

 

Gründe

I. Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Versicherungsleistung i.H.v. 46.431,27 EUR wegen eines Sturmschadens, der an Scheune und Wohnhaus des Klägers am 1.7.2009 entstanden sein soll.

Der Kläger schloss bei der Beklagten eine im Versicherungsschein vom 12.11.2007 (Bl. 10 - 12 d.A.) dokumentierte Landwirtschaftliche Versicherung für den Versicherungsort F. Straße 14 in L. ab, die auch eine Sturm- und Hagelversicherung umfasst. Die zerstörte Scheune war zum gleitenden Neuwert auf der Basis einer Versicherungssumme von 9.000 Mark im Jahre 1914 und zum Zeitwert von 50.000 EUR versichert. Hinsichtlich des Wohnhauses betrugen die entsprechenden Werte 31.000 Mark 1914 als Basis für den gleitenden Neuwert bzw. 150.000 EUR für den Zeitwert. Dem Versicherungsverhältnis liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung landwirtschaftlicher Betriebe - Wohngebäude, Wirtschaftsgebäude und Inventar - (ABL 2002 S.) zugrunde (Bl. 13 - 22 d.A.). Der Versicherungsvertrag sieht für Sturm- und Hagelschäden einen Selbstbehalt i.H.v. 1.000 EUR vor.

Die für die Entschädigung eines Sturmschadens maßgebliche Regelung des § 3 in den

ABL 2002 S. (im Folgenden nur noch abgekürzt: ABL) lautet wie folgt:

§ 3 Sturm- und Hagelversicherung

1. Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Sturm oder Hagel zerstört oder beschädigt werden oder infolgedessen abhanden kommen.

2. Sturm ist eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/h). Ist diese Windstärke für das im Versicherungsschein bezeichnete Grundstück nicht feststellbar, so wird ein versichertes Sturmereignis unterstellt, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass

a) die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an anderen Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet hat oder

b) der Schaden wegen des einwandfreien Zustandes des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein kann.

Der Kläger hat behauptet, am 1.7.2009 gegen 15.30 Uhr habe über seinem Grundstück in der Ortschaft L. ein Sturm mit Windspitzen von über 8 Beaufort geherrscht, der Sturm habe seine Scheune vollständig zerstört und das Dach des versicherten Wohngebäudes beschädigt. Im Umfeld des Versicherungsortes seien Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand der benachbarten Familien A., R., H. und Sch. eingetreten, die deren Gebäudeversicherer anstandslos reguliert hätten.

Der Kläger nimmt Bezug auf eine von ihm eingeholte Expertise Wind der M. GmbH vom 22.11.2011 (Bl. 27 - 30 d.A.), in der ausgeführt wird, dass in den Nachmittagsstunden des 1.7.2009 zwischen 14.30 und 17.00 Uhr, bezogen auf die Wetterstation T., bei dem Durchzug kräftiger Gewitterzellen mit extremem Niederschlag im Schadensbereich Windböen der Beaufort-Stärke 8 (stürmische Böen) wahrscheinlich seien, aber auch noch etwas stärkere Böen könnten nicht ausgeschlossen werden.

Er berechnet die verlangte Entschädigung einerseits auf der Basis des von der Beklagten in Auftrag gegebenen Schadengutachtens des Sachverständigen Dr. Ing. R. vom 12.8.2009 (Bl. 31 - 50 d.A.). Danach beträgt der Zeitwert der zerstörten Scheune 44.646,52 EUR einschließlich Mehrwertsteuer (Bl. 32 d.A.). Für das beschädigte Dach seines Wohnhauses begehrt der Kläger andererseits die Reparaturkosten i.H.v. 2.766,75 EUR gemäß der Rechnung der Z. GmbH vom 24.11.2009 (Bl. 51 - 52 d.A.). Von dem so berechneten Gesamtschaden hat er den vereinbarten Selbstbehalt von 1.000 EUR abgezogen.

Der Kläger hat dementsprechend beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 46.431,27 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.8.2009 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.641,96 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass am 1.7.2009 in der vom Kläger angegebenen Zeit ein Sturm der Windstärke von mindestens 8 Beaufort in L. geherrscht habe oder wet...

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