Leitsatz (amtlich)

Jedenfalls dann, wenn über einen in zweiter Instanz eingeführten neuen Streitgegenstand auf der Grundlage des nach §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO n.F. zulässigen Prozessstoff dem Grunde nach verhandelt und – nämlich durch Klageabweisung – entschieden werden kann, ist eine Klageänderung entgegen des Wortlauts des § 533 ZPO n.F. zulässig, unabhängig davon, ob der Kläger seine geänderte Klage darüber hinaus auch auf neues Sachvorbringen zur Anspruchshöhe stützt, was nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO n.F. zugelassen werden darf.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 09.01.2003; Aktenzeichen 4 O 312/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 9.1.2003 verkündete Urteil des LG Halle, 4 O 312/01, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden bzw. des tatsächlich vollstreckten Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer übersteigt 20.000 Euro.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von dem beklagten Landkreis als Träger des Klinikums L. Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler anlässlich einer im Oktober 1997 stattgefundenen stationären orthopädischen Behandlung seines rechten Kniegelenks.

Der am 27.9.1955 geborene, adipös veranlagte Kläger leidet mindestens seit 1982 unter Beschwerden am linken Kniegelenk. Beginnend in diesem Jahre wurde er wiederholt am linken Kniegelenk operiert; seit 1996 ist links eine zementfreie Knie-Totalendoprothese implantiert.

Seit 1996 traten bei ihm belastungsabhängige Beschwerden am rechten Kniegelenk auf. Es wurde ein Knorpelgeschwür an der medialen Oberschenkelrolle diagnostiziert und Anfang Oktober 1997 zunächst mittels Arthroskopie behandelt. Die Behandlung blieb effektlos. Der Kläger litt weiterhin unter starken Schmerzen. Deshalb wurde mit ihm eine erneute stationäre Aufnahme zur Einsetzung einer Endoprothese terminlich vereinbart.

Am 13.10.1997 wurde dem Kläger im Klinikum Mansfelder Land, dessen Träger der Beklagte ist, am rechten Knie eine mediale Schlittenprothese eingesetzt. Die beiden Gelenkteile wurden dabei in zu starker Valgusposition (X-Abweichung) befestigt, die insb. auf einer zu geringen Knochenresektion (Knochenmaterialabtragung) am medialen Tibiaplateau (d.h. am Schienbeinkopf) beruhte. Dem Kläger war eine volle Beweglichkeit des Kniegelenks wegen zu starker Schmerzen nicht möglich. Deshalb wurde die Knieprothese am 27.10.1997 während des noch fortdauernden stationären Aufenthalts des Klägers im Krankenhaus des Beklagten gewechselt. Dabei wurde die Fehlpositionierung der Prothese am Femur (d.h. Oberschenkelknochen) korrigiert, nicht jedoch die (für die starke Valgusposition bedeutendere) Fehlstellung des Prothesenteils am Tibiaplateau. Das Kniegelenk des Klägers war bei Entlassung aus der stationären Behandlung und Verlegung zur Anschlussheilbehandlung gut mobilisiert und belastbar.

Während der Anschlussheilbehandlung verspürte der Kläger erneut Schmerzen und ein Instabilitätsgefühl an seinem rechten Knie. Es gab zunächst keine Hinweise auf eine Kniegelenksinfektion. Allerdings traten zusätzlich Hand- und Fingerbeschwerden auf. Es wurde eine rheumatische Erkrankung erkannt und mit Prednisolon behandelt.

Hinsichtlich des rechten Kniegelenks wechselten in den Folgemonaten Phasen der Besserung und Verschlechterung. Eine starke Schmerzphase machte im Januar 1998 eine erneute stationäre Aufnahme des Klägers im Krankenhaus des Beklagten erforderlich. Nach eingehender Untersuchung des Klägers wurden eine Wunddeshiszenz (d.h. ein Auseinanderweichen der Wundränder aufgrund mechanischer Belastung) und gering erhöhte Entzündungswerte festgestellt, die konservativ behandelt wurden. Eine spezifische Infektionsbehandlung erfolgte im Hinblick auf die Fortführung der Prednisolon-Therapie nicht. Anschließend wurde der Kläger in eine andere Klinik zur Behandlung der rheumatischen Erkrankung verlegt.

Am 10.11.1998 wurde der Kläger erneut wegen zunehmender Schmerzen im rechten Kniegelenk im Krankenhaus des Beklagten stationär aufgenommen. Es zeigten sich deutliche Knorpelschäden an der rechten Kniescheibe mit Lockerung des Tibiateils der Schlittenprothese. Eine Kniegelenksinfektion lag nicht vor. Im Rahmen der am 12.11.1998 durchgeführten Operation wurde die Schlittenprothese entfernt und statt dessen eine zementfreie bikondyläre (d.h. an beiden Gelenkknorren befestigter) Endoprothese implantiert. Die nach der Entlassung aus der stationären Behandlung im Krankenhaus des Beklagten durchgeführte Anschlussheilbehandlung war durch Instabilität im Bereich des linken Kniegelenks sowie durch Rheumaschübe gekennzeichnet. Anzeichen für eine Infektion lagen nicht vor.

Im Frühjahr 1999 traten beim Kläger zunächst belastungsabhängige Schmerzen, später anhaltende Wundheilungs...

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