Leitsatz (amtlich)
Ein Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung von Teilen einer Autobahnanlage (hier Leitplanken, eine Schilderbrücke und ein Verkehrsschild) infolge eines Verkehrsunfalls ist unter dem Gesichtspunkt eines Abzuges "neu für alt" nicht zu kürzen, wenn nicht feststeht, dass dem geschädigten Land durch die Reparaturmaßnahmen ein messbarer Vermögensvorteil entsteht.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 07.05.2015; Aktenzeichen 9 O 1831/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 7.5.2015 verkündete Einzelrichter-urteil der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 84.109,70 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung von Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, wobei zwischen den Parteien lediglich Streit darüber besteht, ob die Beklagten berechtigt sind, für die Erneuerung der bei dem Unfall beschädigten Schutzplanke, eines Verkehrsschildes und der Schilderbrücke einen Abzug "neu für alt" in Höhe von 40 % vorzunehmen.
Die Beklagte zu 1. ist Halterin des Lkw Daimler-Chrysler, amtliches Kennzeichen:..., der bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert ist. Der Fahrer des Lkw der Beklagten zu 1. befuhr am 20.10.2011 die BAB. in Richtung B. auf dem rechten von drei Fahrstreifen. Auf Höhe des Kilometers 96,25 fuhr er um 2:11 Uhr über den Standstreifen gegen die dortige Schutzplanke, wobei 13 Felder der Distanzschutzplanke beschädigt wurden. Anschließend fuhr er über alle drei Fahrstreifen gegen die linke Distanzschutzplanke und im weiteren Verlauf gegen den dortigen Vorwegweiser. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der Anhänger vom Lkw abgerissen, schleuderte gegen dessen rechte Seite und kam etwa 50 m weiter auf seiner rechten Seite, auf der linken und mittleren Fahrspur zum Liegen. In der weiteren Folge fuhr ein weiterer Lkw durch die Trümmerteile, wobei das linke Vorderrad der Sattelzugmaschine beschädigt wurde. Der Fahrer des Lkw des Beklagten zu 1. wurde bei dem Unfall tödlich verletzt.
Die Klägerin ließ den Unfallschaden beseitigen. Auf der Basis einer 100%igen Haftung der Beklagten stellte sie mit Rechnung vom 10.7.2014 der Beklagten zu 2. für die Beseitigung des Unfallschadens (Schutzplanke, Schilderbrücke, Ölwehr) insgesamt 221.937,64 Euro in Rechnung. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Rechnung wird auf die Anlage K 2 (Bl. 32 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die bei dem Unfall zerstörten Leitplanken bestanden aus einer voll verzinkten Stahlkonstruktion, die zu ersetzenden Schilder aus Aluminium mit einer aufgeklebten, lichtbeständigen Folie. Die Verkehrszeichentafeln waren an der Rückseite verschraubt und speziell für die vor Ort bestimmte Verkehrsführung hergestellt. Ebenso sind die Schilderbrücken speziell für die Brücken angefertigt worden, auf denen sie zu montieren sind, d.h. die Maße wurden der jeweiligen Örtlichkeit angepasst.
Die Beklagte zu 2. ließ die Rechnung durch die DEKRA Automobil GmbH prüfen und zahlte nach Rechnungsprüfung den dort ausgewiesenen Betrag in Höhe von 137.827,94 Euro. Den Minderbetrag begründete sie damit, dass der Klägerin ein Wertvorteil entstehe, weil es sich hier um keine Reparatur handele. Dieser Wertvorteil sei durch einen Abzug "neu für alt" auszugleichen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Rechnungsprüfung der DEKRA vom 27.8.2014 (Anlage K 3, Bl. 34 ff. d.A.) verwiesen.
Mit Schreiben vom 21.10.2014 forderte die Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt die Beklagte zu 2. auf, die noch offene Restforderung in Höhe von 84.109,70 Euro zzgl. 2,50 Euro Mahngebühren bis zum 31.10.2014 zu begleichen. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Anlage K 4 (Bl. 37 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat gemeint, dass der von der Beklagten zu 2. vorgenommene Abzug "neu für alt" in Höhe von 40 % ungerechtfertigt sei, weil sie durch den Austausch der bei dem Unfall beschädigten Teile, der Schutzplanke, der Schilderbrücke und des Verkehrsschildes, keinen Vermögensvorteil erlangt habe. Die bei dem Unfall beschädigten Teile hätten keine Vorschäden aufgewiesen. Sie hat dazu vorgetragen, dass die beschädigten Teile bei einer Grunderneuerung nicht ausgespart würden, sondern eine komplette Erneuerung der Anlagen eines Autobahnabschnittes erfolge. Daher sei beispielsweise auch das Alter der erneuerten Schutzplanken unerheblich. Zudem existiere kein Markt für gebrauchte Schutzplanken. Die Leitplanken und verkehrstechnischen Einrichtungen würden nicht turnusmäßig ausgewechselt.
Zum Unfallzeitpunkt seien bei der Errichtung von Schutzeinrichtungen di...