Entscheidungsstichwort (Thema)
unentgeltliche Auflassung eines Bodenreformgrundstückes
Normenkette
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 2 S. 1 Alt. 1, Abs. 3 S. 1; EGBGB § 12 Abs. 2 Nrn. 2a, 2b; GG Art. 14, 20 Abs. 3; VermRÄndG
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 29.03.1994; Aktenzeichen 3 O 676/93) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. März 1994 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichtes Halle wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsrechtszuges haben die Beklagten zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.700,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Wert der Beschwer: 243.996,00 DM für die Beklagten.
und beschlossen:
V. Streitwert: 243.996,00 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die unentgeltliche Auflassung eines Bodenreformgrundstückes.
Im Grundbuch für die Gemarkung … Bestandsblatt 651 des Grundbuchamtes … war mit Ablauf des 15. März 1990 der um die Jahreswende 1947/1948 verstorbene Landwirt … G. als Eigentümer des unbebauten, bislang ununterbrochen landwirtschaftlich genutzten Grundstückes [sog. Todtenseeberg Acker] eingetragen.
In Abteilung II des Grundbuches hieß es:
„Diese Länderei kann laut Art. VI der 1. Verordnung über die Bodenreform vom 3. September 1945 nicht verkauft oder verpfändet werden, sowohl im ganzen als auch in Teilstücken.”
Dieser Bodenreformsperrvermerk wurde für die Grundstücke … im Bestandsverzeichnis von Blatt … am 04. Mai 1946 und für das Grundstück … am 19. April 1948 eingetragen. Der aus der Bodenreform Berechtigte … G. wurde von seinem damals minderjährigen Sohn H. G. beerbt, nachdem die Erbschaft von seiner Ehefrau ausgeschlagen worden war. Nach einer etwa zweijährigen Nutzung der Neubauernstelle durch die Witwe des eingetragenen Neubauern schloß sie im Namen ihres minderjährigen Sohnes H. mit Herrn W. P. am 17. März 1951 unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Bodenkommission einen schriftlichen Überlassungsvertrag [Bl. 25 d.A.]. Zugleich wurde in einer weiteren Urkunde vom selben Tage die Zahlung eines Mehrwertbetrages in Höhe von 829,00 DM nach der Siedlungsübergabe vereinbart [Bl. 24 d.A.]. Dem war eine Eingabe der Gemeindebodenkommission, der LDP, der SED und des FDGBs vom 04. Februar 1949 [Bl. 89 d.A.] vorausgegangen, die Neubauernsiedlung anderweitig zu vergeben, weil die Witwe als Lehrerin nicht zur Bewirtschaftung der Siedlung in der Lage sei. Bemühungen der Frau U. verwitwete G., um die Genehmigung der Verpachtung der Neubauernstelle beim Sekretariat der Landesbodenkommission der Landesregierung … – hatten zu keinem Erfolg geführt. Die Kreisbodenkommission des Landkreises … bat die Gemeinde … mit Schreiben vom 21. August 1950 [Bl. 92 d.A.] um die Prüfung, ob der Bestand der Neubauernstelle des minderjährigen H. G. gesichert sei. Mit Schreiben vom 28. Mai 1951 [Bl. 93 d.A.] teilte die Gemeinde … dem Rat des Landkreises … –Abteilung Landwirtschaft- mit, daß Herr W., P. die Siedlung von Frau …, verwitwete G., übernommen habe. Das Bodenreformgrundstück samt lebendem und totem Inventar wurde dann übergeben, die Gemeindebodenkommission stimmte der Überlassung im weiteren mündlich zu. Rechtsanwalt … aus … teilte dem Amtsgericht … zu den Grundakten von … Band … Blatt … in seinem Brief vom 11. Januar 1952 [Bl. 158 d.A.] mit, daß die Grundstücke nach Angaben des Kreisrates und der Beteiligten an den Bodenfonds zurückgegeben worden seien. Mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde … vom 15. März 1951 [Bl. 71 d.A.] wurde dem Neubauern W., P. bescheinigt, die Siedlung des … G. übernommen zu haben. Herr H. G. siedelte zu einem nicht exakt vorgetragenen Zeitpunkt aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland über, in der er mit Ablauf des 15. März 1990 seinen Wohnsitz in Hanau-Mittelbuchen … genommen hatte.
Herr W. P. der mit Wirkung vom 02. Mai 1960 mit seiner Gattin unter Einbringung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 9,7 ha in die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft [LPG] … eintrat, wurde von den Beklagten nach seinem Tod im Jahre 1966 zu gleichen Teilen beerbt. Die 1913 geborene Beklagte zu 1.) und Ehefrau des Erblassers war vom 02. Mai 1960 bis zum 05. Dezember 1991 Mitglied der LPG …. Die Beklagten zu 2.) bis 4.) waren und sind in der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft nicht tätig. Die Eintragung der Beklagten als Eigentümer des Grundstückes erfolgte am 07. Mai 1992 auf Ersuchen der Kreisverwaltung … vom 25. März 1991 [Bl. 28 d.A.]. In diesem Schreiben wurde das Ersuchen damit begründe, daß die Neubauernwirtschaft 1951 an Herrn W. und Frau E. P. übergeben worden sei und „sie sich als Eigentümer fühlten.” Die Beklagten haben einen Teil der Bodenreformgrundfläche, nämlich das Grundstück mit der laufenden Nr. 3 auf dem Bestandsblatt [Flur 1, Flurstück 169/4] mit einer Größe von 2 ha 3 a 33 m² durch notariell beurkundeten Vertrag vom 05. Oktober 1992 für 243.996,00 DM an die Agr...