Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 21.01.1998; Aktenzeichen 21 O 342/97) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 21.01.1998 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stendal (21 O 342/97) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Klägers übersteigt 60.000.– DM nicht.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG nicht zu.
1.
Der Senat teilt die Auffassung der Kammer, daß die trotz Ablaufs der Frist zur wirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts unterlassene Erteilung des Negativattests eine Amtspflichtverletzung der Beklagten darstellt.
Nach § 28 Abs. 1 S. 3 BauGB hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten unverzüglich ein entsprechendes Zeugnis auszustellen, wenn das Vorkaufsrecht nicht besteht oder nicht ausgeübt werden soll. Sie kann binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags das Vorkaufsrecht mittels eines Verwaltungsakts gegenüber dem Verkäufer ausüben (§ 28 Abs. 2 S. 1 BauGB). Bei dieser Frist handelt es sich um eine Ausschlußfrist mit rechtsvernichtender Wirkung (OLG Frankfurt, NVwZ 82, 580; Hoppe / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 10 Rn. 62). Nach ihrem Ablauf kann die Zeugniserteilung nach § 28 Abs. 1 S. 3 BauGB durch eine Verpflichtungsklage erstritten werden (Ernst/Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 28 Rn.10).
Die Beklagte war somit verpflichtet, jedenfalls nach dem Ablauf der Zweimonatsfrist nach Mitteilung des Kaufvertrags mit Schreiben vom 26.09.1995, das Zeugnis gem. § 28 Abs. 1 S. 3 BauGB zu erteilen. Der Umstand, daß sie zum damaligen Zeitpunkt von einer Ausübung des Vorkaufsrechts ausgegangen ist, führt zu keinem anderen Ergebnis, denn von einer wirksamen Ausübung konnte auch von ihr in keinem Zeitpunkt in nachvollziehbarer Weise augegangen werden. Ihr Schreiben vom 20.10.1995 bekundete lediglich ihr bestehendes Interesse und stellte erkennbar keine abschließende Entscheidung der Beklagten dar. Auch das Gepräch mit dem Finanzminister konnte nicht als Ausübung des Vorkaufsrechts verstanden werden, denn hierfür verlangt § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB, was der Beklagten bekannt war oder zumindest bekannt hätte sein müssen, den Erlaß eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Verkäufer.
Das Antragserfordernis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGBwar gewahrt. In dem Schreiben des beurkundenden Notars vom 26.09.1995, der insoweit auch für den Kläger und den Verkäufer, also für beide Beteiligte handelte, wurde in zulässiger und üblicher Weise (vgl. Ernst / Zinkahn / Bielenberg, BauGB, § 28, Rn. 4) neben der Mitteilung des Kaufvertrags entsprechend § 28 Abs. 1 BauGB zugleich ein Antrag gem. § 28 Abs. 1 S. 1 BauGB gestellt.
Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung, spätestens mit Fristablauf am 26.11.1995 das beantragte Negativattest zu erteilen, nicht nachgekommen.
2.
Der Kläger hat, was von der Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt wird, die vertraglichen Fälligkeitszinsen für den Zeitraum ab dem 26.11.1995 in Höhe von 21.442, 36 DM, die er in der Berufungsinstanz noch als Schaden geltend macht, beglichen.
3.
Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten besteht jedoch auch nach Auffassung des Senats aufgrund der fehlenden Zurechenbarkeit des Schadens zu der Amtspflichtverletzung nicht.
Eine Schadensersatzpflicht besteht – auch im Rahmen von § 839 BGB (BGH NJW 90, 2615, 2616) – nur, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzzweck der verletzten Norm fällt. Es muß sich also um einen Nachteil handeln, der aus dem Bereich der Gefahren stammt, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen worden ist (BGH 57, 256; Palandt/ Heinrichs, BGB, 57. Aufl. Vorbem. v. § 249, Rn. 62). Wenn wie hier der Schaden unmittelbar durch einen eigenen Willensentschluß des Ersatzberechtigten entstanden ist, so besteht eine weitere Voraussetzung für den Ersatzanspruch; der Willensentschluß muß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert worden sein (BGH NJW 95, 126, 127). Hierfür trägt der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast (BGH NJW 81, 570).
Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung des Senats nicht vor.
Es ist insoweit bereits fraglich, ob der Schutzzweck der verletzten Norm (§ 28 Abs. 1 S. 3 BauGB) den durch die Erfüllung der Kaufpreisverpflichtung entstandenen Schaden umfaßt, d.h. ob die Verpflichtung zur Erteilung einer Negativklausel einen Grundstückskäufer vor einer Ungewißheit hinsichtlich seiner Kaufpreisverpflichtung bewahren soll.
Das gemeindliche Vorkaufsrecht nach §§ 24 ff BauGB dient der Sicherung der Bauleitplanung und anderer städtebaulicher Maßnahmen. Zum Wohle der Allgemeinheit kann hierdurch in den privaten Grundstücksverkehr eingegriffen werden, ohne daß dies für den Verkä...