Normenkette

ZGB/DDR § 330

 

Verfahrensgang

LG Stendal (Aktenzeichen 21 O 3/00)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 19.7.2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Stendal wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 800.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer des Beklagten übersteigt 60.000 DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht im Wege einer Teilklage gegenüber dem Beklagten Schadensersatzansprüche aus eigenem und hilfsweise aus abgetretenem Recht wegen der unberechtigten Inanspruchnahme des Transfer-Rubel-Zahlungsverfahrens im Zusammenhang mit Exportgeschäften geltend.

In der DDR hatte die Deutsche Außenhandelsbank AG (DABA) im Rahmen des Außenhandels die Aufgabe, den Zahlungsverkehr in transferablen Rubeln (XTR) durchzuführen. Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Staatsbank Berlin, zu deren Aufgaben die Refinanzierung der DABA gehörte. Diese Aufgaben nahm die Klägerin ab 1.7.1990 selbst wahr. Die DABA hat außerdem etwaige ihr zustehende Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin abgetreten.

Im Rahmen des Transferrubel-Verrechnungsverkehrs, der sich nach den „Allgemeinen Bedingungen für die Warenlieferungen zwischen den Organisationen der Mitgliedsländer des RGW 1968/1988” (ALB/RGW) richtete, war üblicherweise das Inkasso mit „Nachakzept” praktiziert worden. Bei diesem sog. „Sofortbezahlungsverfahren” erfolgte eine Umrechnung und Auszahlung an den Zahlungsempfänger erst, wenn der Außenhandelsbank des Empfängerlandes Ausfuhr- und Liefernachweise vorlagen. Im Laufe des Jahres 1990 gewann das in den ALB/RGW ebenfalls vorgesehene „Vorakzept” an Bedeutung. Bei diesem „Vorauskassoverfahren” erfolgte die Gutschrift in XTR vor der Lieferung der Waren und auf Veranlassung des Käufers. Mit dem Erhalt der Gutschrift war die Bank des Gläubigers verpflichtet, den XTR-Betrag umzustellen und dem Gläubiger den Betrag in der jeweiligen Landeswährung auszuzahlen bzw. gutzuschreiben.

Der Beklagte, der vorher keine Erfahrung mit Exportgeschäften hatte, gründete in der Wendezeit in S. ein einzelkaufmännisches Unternehmen für Zucht- und Nutzviehhandel. Am 31.5.1990 vereinbarte er mit der polnischen Fa. C in K., Polen (im Folgenden kurz: Fa. C.) die Lieferung von 2.000 Schlachtschweinen an die Fa. C. Als Liefertermin wurde der 30.6.1990 vereinbart. Die Bezahlung sollte vereinbarungsgemäß in XTR erfolgen. In der undatierten Vertragsurkunde ist nachträglich das Wort „Nachakzept” durch das Wort „Vorakzept” ersetzt worden.

Unter dem 19. und 20.6.1990 wurde in Nachtragsvereinbarungen die Lieferung von weiteren 12.000 Schweinen festgelegt. Der Beklagte erhielt für die Lieferung des Schlachtviehs unter dem 31.5., 21.6. und 2.7.1990 Ausfuhrgenehmigungen der Anstalt für landwirtschaftliche Marktordnung (ALM). Der Vertrag wurde jedoch nicht vollständig erfüllt.

Der Beklagte schloss im 8.6.1990 einen weiteren Vertrag über die Lieferung von zwei Millionen Hühnereiern an die Fa. C. Für die Bezahlung wurde in einem Zusatzvertrag gleichen Datums das Vorauskasseverfahren vereinbart. Später kam es zu weiteren Zusatzverträgen, durch die das Liefervolumen auf insgesamt 22 Millionen Eier aufgestockt wurde. Die Ausfuhr wurde wiederum durch die ALM genehmigt. Später hat der Beklagte mit der Fa. C. noch die Lieferung von Fleischkonserven vereinbart.

Der Beklagte hatte zu keinem Zeitpunkt eine staatliche Zulassung zur Teilnahme an dem XTR-Abrechnungsverfahren. Er hatte auch in keinem Fall eine Genehmigung des Ministeriums für Außenwirtschaft, die sog. „trockengesiegelte Exportgenehmigung”, die bis zum 30.6.1990 erteilt wurde, und auch nicht die danach ausgegebene Genehmigung in der Form des sog. „Nasssiegels” eingeholt.

Die Lieferungen erfolgten nicht vollständig. Am 18.12.1991 schloss der Beklagte mit der Fa. C. einen Generalvergleich, in dem sich der Beklagte zur Abgeltung aller gegenseitigen Ansprüche verpflichtete, „einen Wertausgleich im Gegenwert zu den Fleischkonserven von 200.000 DM” an die Fa. C. zu zahlen.

Im Juni 1990 waren im Rahmen des vereinbarten Vorauskasseverfahrens bei der DABA für den Beklagten auf Veranlassung der Fa. C., die hierfür über eine polnische Bank sowie die „Internationale Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit” in Moskau (IBWZ) einen Auftrag erteilt hatte, Gutschriften von insgesamt 3.206.000 XTR eingegangen, die in Mark der DDR konvertiert, auf das Konto des Beklagten bei der Volksbank S. überwiesen und am 25. bzw. 26.6.1990 gutgeschrieben wurden. Die Gutschriften betrugen insgesamt 14.972.020 Mark der DDR. Zum 1.7.1990 wurde der Gesamtbetrag im Rahmen der Währungsunion im Verhältnis 1 : 2 auf 7.486.010 DM umgestellt.

Die DABA forderte den Beklagten unter dem 13.5.1991 zur Vorlage von Nachweisen dafür auf, dass die von ihm mit der Fa. C. abgeschlossenen Ausfuhrgeschäfte auch tatsächlich durchgeführt worden waren. ...

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