Verfahrensgang
LG Dessau (Urteil vom 18.08.1998; Aktenzeichen 4 O 820/98) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 18. August 1998 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau (Az. 4 O 820/98) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer des Beklagten übersteigt 60.000 DM nicht.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht eine volle Haftung des Beklagten für den am 16.10.1997 gegen 1.45 Uhr entstandenen Unfallschaden an dem Mietfahrzeug bejaht. Der Beklagte kann sich wegen grob fahrlässiger Unfallverursachung und vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung nicht auf die Haftungsfreistellung bei einer Selbstbeteiligung von 300,– DM berufen. Seine Haftung ergibt sich aus Ziff. 6 a) und 12 der Mietbedingungen.
1. Die Mietbedingungen der Klägerin sind gem. § 2 Abs. 1 AGBG wirksam in den Mietvertrag einbezogen worden. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, denen sich der Senat anschließt, Bezug genommen. Hinzu kommt, daß es sich bei der Anmietung des späteren Unfallfahrzeugs nicht um den ersten Mietvertrag mit der Klägerin handelte. Der Beklagte hatte bereits zuvor für die Zeit vom 11.09.1997 bis 11.10.1997 bei der Klägerin ein Fahrzeug Marke Hyundai angemietet, welches er am 08.10.1997 zurückgegeben und dafür das spätere Unfallfahrzeug erhalten hatte. Nach Ablauf des Mietvertrages wurde dieser am 11.10.1997 bis zum 08.11.1997 verlängert, wobei der Beklagte nach dem Unfallereignis vom 16.10.1997 am 20.10.1997 für das Unfallfahrzeug ein Fahrzeug Marke Fiat Brava erhielt. Nachdem dieses auch durch einen Unfall beschädigt worden war, erhielt der Beklagte bis zur Ende der Mietzeit wiederum ein Fahrzeug Marke Opel Vectra.
2. Entgegen der Auffassung des Beklagten verstoßen die Klauseln nach Ziff. 6 a) und 12 der Mietvertragsbedingungen weder gegen § 3 AGBG noch gegen § 9 AGBG. Sie stellen keine Überraschungsklauseln und keine den Mieter entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligenden Bestimmungen dar. Nach gefestigter Rechtsprechung besteht auf Seiten des gewerblichen Kraftfahrzeugvermieters die Verpflichtung, eine seinem Vertragspartner gegen Zahlung einer zusätzlichen Prämie gewährte Haftungsbefreiung nach dem Leitbild der Kaskoversicherung auszugestalten. Daraus folgt, daß der Mieter, der sich am Leitbild der Vollkaskoversicherung orientiert, erwarten darf, nur bei Verletzung von Obliegenheiten entsprechend § 7 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 AKB oder nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung entsprechend § 61 VVG in Anspruch genommen zu werden (vgl. BGH NJW 1981, 1211; BGH NJW 1982, 167 und 987; OLG Köln VersR 1993, 1494; OLG Düsseldorf VersR 1997, 836 (837().
3. Der Beklagte hat den Unfall aber grob fahrlässig verursacht. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Grade außer Acht läßt, nicht bedenkt, was jedem unter den gegebenen Umständen einleuchten muß, und die an ihn in der konkreten Situation gestellten Pflichten in einem das gewöhnliche Maß erheblich übersteigenden Umfang verletzt. Dabei ist grobe Fahrlässigkeit nicht nur nach einem objektiven Maßstab zu bemessen, sondern es ist auch auf das dem Betroffenen subjektiv als schwer vorzuwerfende Verhalten unter Berücksichtigung seiner individuellen Fähigkeiten abzustellen (vgl. st. Rspr., vgl. nur BGH VersR 1970, 568; OLG Hamm NJW-RR 1993, 95 (96(; OLG Köln VersR 1997, 57; OLG Düsseldorf VersR 1997, 836 (837(m.w.N.).
Vorliegend steht aufgrund der Aussage des Zeugen Sch. fest, daß der Beklagte in einer Baustelle mit verengtem linken Fahrstreifen bereits beim Überholen des von dem Zeugen gesteuerten Lkw's seine Fahrspur nicht einhalten konnte, sondern vielmehr mehrfach auf die Fahrspur der Gegenrichtung geraten ist. Dies ist für den Beklagten durch das Überfahren der zur Fahrstreifenbegrenzung aufgebrachten Reflektoren und der dadurch verursachten Geräusche ohne weiteres erkennbar gewesen. Unabhängig davon, ob der Beklagte bereits hier mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist, hätte er allein deshalb seinen Überholvorgang abbrechen müssen. Hinzu kommt, daß der Beklagte bei Überleitung des Verkehrs auf die Fahrbahn des Gegenverkehrs entgegen der Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h mit etwa 80-90 km/h geradeaus, ohne abzubremsen, gefahren und so mit dem vor dem Zeugen Sch. fahrenden Lkw kollidiert ist. Hierbei hat es sich wegen möglicher Unübersichtlichkeit der Baustelle nicht um eine Unaufmerksamkeit ohne größeres Gewicht (sog. Augenblicksversagen) gehandelt, die den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ausschließen würde. Denn der Beklagte war bereits vor der Überleitung des Verkehrs nicht in der Lage, sein Fahrzeug auf der richtigen Spur zu halten. Diese Fahrweise stellt in ihrer Gesamtheit ein über das gewöhnliche Maß hinausgehendes Feh...