Leitsatz (amtlich)
1. Sperrt die Bank auf Grund einer außerordentlichen, von ihr ausgesprochenen Kreditkündigung die Verfügungsmöglichkeit des Kunden über den bereits ausgezahlten Darlehensbetrag, so ist sie zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sich die Kündigung als unwirksam erweist.
2. Gleiches gilt, wenn die Sperrung auf Grund eines vermeintlichen Pfandrechts der Bank erfolgt ist, das tatsächlich nicht bestanden hat.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 15.05.2001; Aktenzeichen 31 O 85/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Stendal - Kammer für Handelssachen - vom 15.5.2001 abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der der Beklagten dadurch entstanden ist und künftig entsteht, dass die Klägerin die weitere Verfügung über ein bei ihr unterhaltenes Guthaben von 333.772,45 DM auf dem Betriebsmittelkonto ... seit dem 14.4.1997 verweigerte. Die weiter gehende Widerklage bleibt abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 2/5, die Beklagte 3/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 60.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 90.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision an den BGH wird im Hinblick auf die Widerklageanträge zu 2.1 und 2.2 zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin hat erstinstanzlich einen Anspruch auf Auszahlung verschleierten Arbeitseinkommens geltend gemacht. Im Berufungsrechtszug streiten die Parteien lediglich noch über - im Rahmen einer Widerklage erhobene - Schadensersatzansprüche der Beklagten wegen der Nichtauszahlung von Darlehensvaluta.
Der Geschäftsführer der Beklagten, A. N., war bis zum Frühjahr des Jahres 1995 Geschäftsführer und Gesellschafter mehrerer Unternehmen mit Sitz in B. Hierzu gehörten u.a. die N.-Baugesellschaft mbH (im Folgenden: N.-Baugesellschaft), die S. GmbH (nachfolgend S. GmbH) und die N. GmbH (im Folgenden: N. GmbH). Im Januar 1995 übertrug A. N. seine Geschäftsanteile an der N. GmbH auf seinen Sohn D. N. Im April 1995 schied A. N. auch als Geschäftsführer der N. GmbH aus. Er war in der Folgezeit auch nicht mehr Geschäftsführer oder Gesellschafter der N.-Baugesellschaft, blieb aber Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der S.-GmbH.
Im Laufe des Jahres 1996 gerieten die N.-Baugesellschaft und die N. GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mit Schreiben vom 4.6.1996 machte die Klägerin als Hausbank der genannten Gesellschaften ein weiteres Kreditengagement von näher bezeichneten Auflagen abhängig. In der Folgezeit kam es zu Sanierungsgesprächen, an denen - neben den Geschäftsführern der Firmen N.-Baugesellschaft und N. GmbH - Vertreter der Klägerin sowie ein externer Berater, Herr E., letzterer beauftragt von der IHK M., beteiligt waren. Zumindest an Besprechungen ab dem 21.10.1996 nahm auch der Geschäftsführer der Beklagten teil. Dieser hatte zum 31.8.1996 die Beklagte gegründet, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Beklagte bereits von vornherein als Auffanggesellschaft für den Fall des Zusammenbruchs von Firmen der Unternehmensgruppe gegründet wurde oder ob die Gründung in keinem Zusammenhang mit den bei der N. GmbH und der N.-Baugesellschaft aufgetretenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten stand. Im Oktober 1996 teilte A. N. der Klägerin mit, dass die N.-Baugesellschaft wegen Forderungsausfällen sowie Schwierigkeiten auf einzelnen Baustellen zahlungsunfähig sei.
Unter dem 29.10.1996 erstellte der Geschäftsführer der Beklagten eine "Tischvorlage" für die Klägerin und den sog. "Runden Tisch" der IHK M., in der eine Fusion der N.-Baugesellschaft mit der N. GmbH und der S.-GmbH angeregt wurde. Als Zweck der Zusammenführung gab der Geschäftsführer die Konsolidierung der N.-Baugesellschaft an. Wegen des Weiteren Inhaltes wird auf die Ablichtung des Schreibens vom 29.10.1996 (Bd. II Bl. 124 d.A.) verwiesen. Am 21.11.1996 kam es zu einem Gespräch am "Runden Tisch" der IHK M. über die Sanierung der S. -GmbH, der N. GmbH und der N.-Baugesellschaft. An dem Gespräch nahmen Vertreter der IHK M., der Klägerin, der Deutschen Ausgleichsbank, des Landesförderinstituts sowie des Wirtschaftsministeriums des Landes Sachsen-Anhalt, jedoch kein Vertreter der in das Sanierungsvorhaben einzubeziehenden Firmen teil. Bei diesem Gespräch machte der externe Berater E. deutlich, dass eine Insolvenz der Unternehmensgruppe nur abgewendet werden könne, wenn ungeachtet einer bereits angedachten Zusammenführu...