Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Versorgungsbezüge eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Bestimmung einer flexiblen Altersgrenze
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Berechnung der Versorgungsbezüge eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers aus betrieblicher Alterversorgung tritt an die Stelle des 65. Lebensjahres nach § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BetrAVG nur dann ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist. Das ist bei einem Pensionsvertrag, der die Möglichkeit vorsieht, vorzeitig in den Ruhestand zu treten und der für diesen Fall Rentenkürzungen regelt, nicht der Fall. Darin liegt lediglich die Bestimmung einer flexiblen Altersgrenze.
2. Zur Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 2 BetrAVG.
Normenkette
BetrAVG § 5 Abs. 2, § 2 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 27.03.2007; Aktenzeichen 31 O 311/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.3.2007 verkündete Urteil des LG Magdeburg abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.428,99 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.7.2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte i.H.v. 143.381 EUR auf Aufstockung einer kapitalisierten Betriebsrente in Anspruch, wobei sich der Rechtsstreit im Kern um die Auslegung der §§ 5 Abs. 2, 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG dreht.
Nach § 5 Abs. 2 BetrAVG dürfen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung "durch Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Versorgungsbezüge, soweit sie auf eigenen Beiträgen des Versorgungsempfängers beruhen, nicht gekürzt werden. Dies gilt nicht für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen, sowie für sonstige Versorgungsbezüge, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen des Arbeitgebers beruhen". Insoweit vertritt der Kläger den Standpunkt, die Beiträge oder Zuschüsse müssten von der Beklagten gezahlt worden sein. Die Beklagte meint hingegen, es reiche auch aus, wenn diese von einem anderen Arbeitgeber gezahlt worden seien.
Nach der in § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG normierten ratierlichen Berechnung hat ein "ausgeschiedener Arbeitnehmer ... einen Anspruch mindestens in Höhe des Teils der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit von Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs entspricht; an die Stelle des 65. Lebensjahrs tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist". Insoweit meint der Kläger, da man sich auf ein Ausscheiden bei Vollendung des 60. Lebensjahrs geeinigt habe, seien seine 96 Monate Betriebszugehörigkeit nur zu der Zeit von Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs (159 Monate) ins Verhältnis zu setzen, womit sich eine für ihn günstigere Quote i.H.v. 60,38 % (96/159) ergebe. Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, dass auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs abzustellen sei, wodurch sich eine Quote i.H.v. 43,84 % (96/219) ergibt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das LG hat sich der Rechtsauffassung der Beklagten angeschlossen und die Klage dementsprechend abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von noch 3.428,99 EUR. Die Ausführungen des LG sind im Wesentlichen zutreffend. Ergänzend ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen:
1. Der Einwand des Klägers, bei der Berechnung des unverfallbaren Anspruchs (vgl. Bl. 37 Anlagenband) dürfe die Rente der BVV gem. § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG nicht angerechnet werden, ist unberechtigt.
Dies gilt nach § 5 Abs. 2 S. 2 BetrAVG nämlich nicht für Renten aus Versorgungsbezügen, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen des Arbeitgebers beruhen. Dass es insoweit unerheblich ist, von welchem Arbeitgeber diese erbracht wurden, ergibt sich nicht nur aus der vom LG zitierten Kommentarstelle, sondern entspricht auch der Rechtsprechung des BAG (vgl. Urt. v. 30.4.1991 - 3 AZR 291/90, Rz. 36, zitiert nach juris) sowie dem Sinn und Zweck des Gesetzes: Durch § 5 Abs. 2 S. 1 BetrAVG soll verhindert werden, dass der Arbeitgeber Maßnahmen der Eigenvor...