Leitsatz (amtlich)

Die Schriftform ist bei einem Vertrag über die Verlängerung eines Landpachtverhältnisses nicht gem. § 585a BGB eingehalten, wenn der Pachtgegenstand in dem Verlängerungsvertrag nicht bestimmt ist, wenn nicht auf eine bestimmte Haupturkunde, sondern auf einen "zur Zeit bestehenden Pachtvertrag" Bezug genommen wird und wenn der Verlängerungsvertrag mit einem anderem Pächter als dem ursprünglichen geschlossen worden ist.

 

Verfahrensgang

AG Halle-Saalkreis (Urteil vom 02.03.2006; Aktenzeichen 121 Lw 5/05)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.3.2006 verkündete Urteil des Amts-gerichts - Landwirtschaftsgerichts - Halle-Saalkreis wird zurückgewiesen; die Urteilsformel des Urteils des AG - Landwirtschaftsgerichts - Halle-Saalkreis wird zugleich wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass die Beklagte statt zur Herausgabe des Flurstücks 100/13 der Flur 1 der Gemarkung R. zur Herausgabe des Flurstücks 110/13 der Flur 1 der Gemarkung R., eingetragen im Grundbuch von R. auf Blatt 64, verurteilt wird.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 EUR nicht.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

1. Das Landwirtschaftsgericht hat nicht gegen § 308 ZPO verstoßen; es hat nicht über einen nicht gestellten Antrag entschieden. Die vom Landwirtschaftsgericht ausgeurteilte Räumung der Pachtflächen zum 31.10.2007 stellt kein aliud ggü. dem Antrag auf Räumung nach dem 31.10.2006 dar, das Begehren auf Räumung zum 31.10.2007 ist als Minus im Antrag auf Verurteilung zur Räumung nach dem 31.10.2006 enthalten. Anders könnte ein Fall zu bewerten sein, in dem ein auf Räumung klagender Verpächter zu erkennen gibt, die Räumung ausschließlich zu einem bestimmten Termin und auch nicht hilfsweise zu einem späteren Termin zu begehren. Hierfür sind im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte ersichtlich.

2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Pachtflächen gem. § 596 BGB. Hinsichtlich des Flurstücks 39/10 der Flur 4, eingetragen im Grundbuch von L. auf Blatt 1126, endet das Pachtverhältnis aufgrund der Kündigung vom 25.8.2004 zum 31.10.2006. Hinsichtlich der übrigen Flächen ist jedenfalls die mit Schreiben vom 30.9.2005 zum 30.7.2007, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin, erklärte Kündigung als ordentliche Kündigung zum 31.10.2007 gem. § 594a BGB wirksam. Denn gem. § 585a BGB gelten die Pachtverträge trotz der in ihnen vorgesehenen Befristungen als für unbestimmte Zeit geschlossen, weil sie nicht der Schriftform entsprechen.

a) Bei Nachträgen und Änderungsvereinbarungen ist grundsätzlich eine feste Verbindung zu fordern, soweit auf den Hauptvertrag Bezug genommen wird. Unnötig ist dies, wenn die neue Urkunde alle wesentlichen Bestandteile des Vertrages enthält. Nach der sog. Auflockerungsrechtsprechung erübrigt sich eine feste Verbindung mit der Haupturkunde bei einem Nachtrag, der auf den Hauptvertrag Bezug nimmt, die Vertragsparteien und den Vertragsgegen-stand ausweist und neben dieser Bezugnahme die wesentlichen Änderungen sowie die Klausel enthält, dass alle übrigen Bedingungen der Haupturkunde ausdrücklich aufrechterhalten werden, und der von den gleichen Parteien unterschrieben ist (Fassbender/Hötzel/Lukanow, Landpachtrecht, 3. Aufl., § 585a Rz. 30). In der Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 1992, 798 ff.; BGH v. 23.2.2000 - XII ZR 251/97, NJW-RR 2000, 744 f.) findet sich zwar nicht ausdrücklich die Formulierung, dass alle übrigen Bedingungen der "Haupturkunde" ausdrücklich aufrechterhalten werden müssen; der BGH verlangt aber, dass es "unter Einbeziehung des Nachtrags bei dem verbleiben" solle, "was früher bereits formgültig niedergelegt war". "Formgültig niedergelegt" wird eine Vertragsurkunde, nicht ein Vertragsverhältnis, dessen Zustandekommen auf unterschiedlichen Sachverhalten beruhen kann. Beide Verträge müssen zudem von denselben Parteien unterzeichnet sein. Der BGH setzt nämlich voraus, dass die neue Urkunde "ebenfalls von beiden Parteien unterzeichnet ist" (BGH, NJW 1994, 1649), also dass die Parteien, die die Haupturkunde unterschrieben haben, auch den Nachtragsvertrag unterschrieben haben.

b) Eine Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass die Schriftform nicht eingehalten ist. Der Pachtgegenstand ist in den Verlängerungsverträgen nicht bestimmt. Bezug genommen wird auch nicht auf eine bestimmte Haupturkunde, sondern auf einen "zur Zeit bestehenden Pachtvertrag". Das Bestehen eines Pachtvertrages ist eine rechtliche Schlussfolgerung aus Tatsachen, die unterschiedlicher Natur sein können; diese Tatsachen sind im Verlängerungsvertrag nicht bezeichnet. Von besonderer Bedeutung ist, dass zwischen den Parteien des Verlängerungsvertrags zuvor ein formgültiger Pachtvertrag nicht geschlossen worden war. Bisherige Päch...

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